Erfurt. Telefonforum: Fragen zum Nachbarrecht beantworten Holger Becker und Hagen Ludwig vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer.

An vielen Gartenzäunen gibt es im Herbst regelmäßig Streit. Aber wer hat welche Rechte und welche Pflichten? Fragen zum Nachbarrecht beantworten Holger Becker und Hagen Ludwig vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer beim Telefonforum dieser Zeitung. Hier einige ihrer Antworten:

Uns gehört ein Hinterliegergrundstück, das wir übers vordere Grundstück erreichen. Das Wegerecht ist grundbuchlich gesichert. Der Vorderlieger hat am Weg aber Büsche, die den Weg immer wieder zuwuchern. Wer ist für die Freihaltung des Weges verantwortlich?

Es kommt darauf, welche Vereinbarung geschlossen worden ist und eventuell bei der Eintragung des Wegerechts ins Grundbuch fixiert wurde. Es ist ratsam, solche wichtigen Fragen zwischen beiden Parteien zu regeln, damit im Zweifelsfalle Streit gar nicht erst aufkommen kann. Sollte nichts geregelt sein, gehen Sie auf den Eigentümer des Vorderliegergrundstückes zu und versuchen, die Sache mit ihm zu besprechen. Keinesfalls sollten Sie eigenmächtig die Büsche beschneiden, die Eigentum des Vorderliegers ebenso sind wie der Weg, für den Sie das Nutzungsrecht haben.

Auf unserem Nachbargrundstück steht seit Jahrzehnten ein Wohnhaus. Nun stellte sich heraus, dass eine Überbauung von durchschnittlich 25 Zentimetern zu Lasten unseres Grundstücks besteht. Was haben wir für Rechte?

Die Errichtung des Gebäudes mit einer Überbauung ist vermutlich nicht mit Vorsatz vorgenommen worden. Aber für die Grenzüberbauung steht Ihnen als Entschädigung eine Geldrente jährlich zu.

Auf unserem Grundstück stehen große Bäume, die zum Nachbarn hinüberragen. Müssen wir mit nachbarrechtlichen Haftungsrisiken rechnen, falls einer umstürzt?

Das Haftungsrisiko besteht, aber das hat mit dem Nachbarrecht nichts zu tun. Wenn Sie zweimal jährlich eine Sichtprüfung vornehmen, so verlangt es die Rechtsprechung, und dabei keine Auffälligkeiten an den Bäumen erkennen, sind Sie auf der sicheren Seite. Wenn dagegen Ihr Nachbar meint, ein Teil des Baumes scheine nicht mehr standsicher zu sein, dann sollten Sie einen Experten befragen und sich notfalls ein schriftliches Gutachten über den Baum einholen. Haftungsgefahren bestehen für Sie aber nur, wenn ein Baum bei einer Windstärke unter 8 umfällt, ansonsten gilt der Schaden als „höhere Gewalt“ und ist ein Fall für die Gebäudeversicherung des Geschädigten.

In unserer Straße gibt es nur auf einer Seite einen Gehweg, nämlich auf unserer. Im Winter sind immer wir es, die diesen Gehsteig von Schnee und Eis freihalten. Warum müssen sich die Nachbarn auf der anderen Straßenseite nicht am Winterdienst beteiligen?

Sie sollten die Straßenreinigungssatzung Ihrer Kommune einsehen. Manche Kommunen sehen in solchen Fällen einen jährlichen Wechsel der Räumpflicht zwischen den Anliegern auf beiden Straßenseiten vor. Ähnliche Probleme wie bei Ihnen gibt es übrigens bei geteilten Grundstücken mit Vorder- und Hinterliegern. Hier sehen kommunale Satzungen manchmal einen jährlichen Wechsel der Räumpflicht zwischen Vorder- und Hinterliegern vor. Andere Kommunen überlassen es beiden Parteien, sich zu einigen. In solchen Fällen ist es immer ratsam, im Zusammenhang mit der grundbuchlichen Eintragung des Wegerechts für den Hinterlieger verbindliche Vereinbarungen über die Rechte und Pflichten beider Seiten zu treffen, die eben auch den Winterdienst betreffen.