Berlin. Im ZDF spielt Fritsch eine Kommissarin, nebenbei verfasst sie gerade ein Buch. Worum es geht und warum sie die Unterwelt so fasziniert.

Alina Fritsch ist am 4. März wieder als Kommissarin Luisa Hoffmann in „Die Toten vom Bodensee“ im ZDF (20.15 Uhr) zu sehen. Doch die Schauspielerei ist nur ein Teilaspekt im Leben der 34-jährigen Österreicherin, die auch in Serien wie „SOKO Wien“ oder „Lena Lorenz“ gespielt hat. Im Interview gibt Fritsch einen Einblick in die Gedankenwelt des Romans, an dem sie derzeit arbeitet. Außerdem erklärt die Schauspielerin, warum sie das Dunkle so anzieht und mit welchem Trick sie ihre Quizshow-Auftritte bestreitet.

Für Ihre Kommissarin in „Die Toten vom Bodensee“ mussten Sie die Gebärdensprache lernen. Wie schwer ist das?

Alina Fritsch: Schwer, aber gleichzeitig sehr erfüllend, weil es einem eine neue Welt erschließt. Man denkt anders, hat andere Bilder im Kopf. Und es war mir ein großes Anliegen, dass sich die Gehörlosen-Community repräsentiert fühlt, indem die Gebärdensprache richtig abgebildet wird. Das ist leider nicht selbstverständlich. Ich habe deshalb eng mit tollen gehörlosen und hörenden Lehrern zusammengearbeitet

Am 4. März ermittelt Alina Fritsch wieder im ZDF.
Am 4. März ermittelt Alina Fritsch wieder im ZDF. © ZDF und manuelpaul | manuelpaul

Inwieweit denkt man anders?

Fritsch: Bei Gesprächen ist es sehr wichtig, dass man gegenüber seinem Gesprächspartner wach und aufmerksam ist. Die Grammatik ist komplett anders, deshalb kann man nicht eins zu eins übersetzten. Man muss sich darauf einlassen, sich neu auszudrücken und sich anders als gewohnt zeigen. Ich persönlich empfinde den Kommunikationsvorgang als unverfälschter und direkter.

Alina Fritsch: Man muss das Dunkle erfahren haben

Sie sind eine Frau der Worte. Sie haben Literatur studiert und schreiben derzeit an einem Roman. Wann wird der fertig?

Fritsch: Ich bemühe mich um eine Schreibroutine um ihn voranzutreiben, die in meinem Job für mich nicht immer leicht zu finden ist.

Wovon handelt der Roman?

Fritsch: Er behandelt und verhandelt die Mythologie meiner Unterwelt.

In der Unterwelt ist es ja bedrohlich und dunkel…

Fritsch: In den Lehren der Ureinwohner und Mythen ist die Unterwelt auch fruchtbar. Man muss das Dunkle, Saftige und Nährende erfahren haben, um auch ins Licht steigen zu können. Und umgekehrt. Das ist ein sich gegenseitig bedingendes Gesetz: oben und unten, dunkel und hell.

„Mit Horror allein kann ich persönlich nichts anfangen“

Sie haben ein Faible für Mythen?

Fritsch: Schon als Kind habe ich griechische Mythologie aufgesogen. Ich liebe Medea, Medusa und Persephone – Figuren, die in die Dunkelheit geworfen werden. Auch die afrikanische und indische Mythologie ist beeindruckend.

Gibt es Geschichten über die Dunkelheit, die Sie nicht so gerne mögen?

Fritsch: Mit Horror allein um des Schockeffekts willen kann ich persönlich nichts anfangen. Spannend finde ich im Film aber psychologische Abgründe, die schleichend und erschreckend dargestellt werden – zum Beispiel grandios in „Shutter Island“. Aber auch die beeindruckende visuelle Welt von Künstlern wie HR Giger in „Alien“ finde ich anziehend in ihrer Abstoßung.

Wie hat sich Ihr Interesse für die Literatur entwickelt?

Fritsch: Ich habe schon als Kind sehr viel gelesen und geschrieben, habe dann Englische Literatur und Schriftstellerei in England studiert, bis mich die Schauspielerei geschnappt hat.

Alina Fritsch: „Keine Scheu haben, sich zum Trottel zu machen“

Aber Sie mögen nicht nur das „Dunkle und Saftige“, sondern auch das Leichte und Lockere?

Fritsch: Natürlich. Es macht mir zum Beispiel Spaß, in der Natur zu sitzen und den Sonnenstrahlen zuzuschauen. Gutes Essen ist auch wunderbar.

Zu den leichten und lockeren Dingen dürften auch Auftritte in Rate-Shows wie „Wer weiß denn sowas?“ gehören. Was ist wichtig, um dabei Spaß zu haben?

Fritsch: Man darf keine Scheu haben, sich zum Trottel zu machen, dann kann man es genießen.

Was ist, wenn Sie als Schriftstellerin Erfolg haben sollten – würden Sie dann die Schauspielerei an den Nagel hängen?

Fritsch: Ich würde gerne beides machen.

Haben Sie Lieblingsbücher?

Fritsch: Spontan fallen mir Romane wie Ayòbámi Adébáyòs „Stay With Me“, Jennifer Nansubuga Makumbis „The First Woman“, Abi Darés „The Girl with the Louding Voice“, Charmaine Wilkersons „Black Cake“, oder Otessa Moshfeghs „My Year of Rest and Relaxation“ ein. Oder der Familienepos „Pachinko“ von Min Jin Lee. Ach, es gibt so viele!

Alina Fritsch: „Das wäre Jammern auf hohem Niveau“

Das sind Romane aus Ländern wie Nigeria, Uganda oder Südkorea. Woher kommt das Interesse für die große, weite Welt?

Fritsch: Ich bin auf die American International School gegangen. Die meisten Schüler waren Diplomatenkinder, die alle zwei, drei Jahre wechselten, weil ihre Eltern umgezogen sind. Da habe ich auch komplett im amerikanischen Schulsystem gelernt. Selbst wenn ich aus Wien komme, hatte ich das Gefühl, ich bin überall auf der Welt zu Hause. Wir haben Literatur aus allen möglichen Ländern gelesen, dazu habe ich mich sofort hingezogen gefühlt.

Micha Oberländer (Matthias Koeberlin, l.) und Luisa Hoffmann (Alina Fritsch, M.) sprechen mit Sandro Altstätten (Stefan Gorski, r.) über die Tauchschule.
Micha Oberländer (Matthias Koeberlin, l.) und Luisa Hoffmann (Alina Fritsch, M.) sprechen mit Sandro Altstätten (Stefan Gorski, r.) über die Tauchschule. © ZDF und manuelpaul | manuelpaul

Nach Ihrem Studium in England gingen Sie wieder nach Österreich zurück, weil das Burgtheater Sie engagierte. Fühlen Sie sich in diesem kleineren Universum eingeengt?

Fritsch: Es kommt immer darauf an, wie viele Freiräume man sich schaffen kann. Da wir in einer Demokratie leben, wäre es Jammern auf hohem Niveau, sich hier eingeengt zu fühlen. Die große, weite Welt ist in meinem Kopf, darum liebe ich Literatur und darum auch die Schauspielerei.

Nervt es Sie angesichts Ihrer vielfältigen Interessen, wenn Schlagzeilen über Sie lauten: „Ihr Freund nahm nur ihre blauen Augen wahr“?

Fritsch: Ganz und gar nicht, denn ich hatte an besagtem Abend ein Kleid an, dessen Fokus definitiv nicht meine großen, blauen Augen waren. Als er mir dann gesagt hat, dass er nur meine Augen gesehen hat, war das eigentlich etwas sehr Nettes.