Rudolstadt. „Im Straflager ist der Mensch nichts wert“ : Günther Rehbein, geboren 1933 in Gera, ist einer der letzten Zeugen des Gulags. Jetzt sprach er vor Rudolstädter Gymnasiasten.

Günther Rehbein verbüßte eine Haftstrafe in der sowjetischen Straflagerregion Workuta. Er ist einer der letzten Zeugen des Gulag. Schüler der 10. und 12. Klassen des Rudolstädter Gymnasiums hatten jetzt die Möglichkeit, den schicksalreichen Lebensweg des gebürtigen Geraers zu verfolgen. Politisch verfolgt und eingesperrt wurde er zum Opfer totalitärer Willkür.

Sein Leben veränderte sich drastisch, als er am 6. August 1952 von der Arbeitsstelle weg verhaftet wurde. Anklagepunkte: Spionage, antisowjetische Hetze, versuchte Sabotage. Alles erfunden. Der junge Familienvater hatte lediglich gegenüber einem Bekannten seinen Unmut über die schlechte Versorgung der DDR-Bevölkerung im Zusammenhang mit den Reparationsleistungen an die Sowjetunion zum Ausdruck gebracht. Unter Folter und Druck, auch die Familie zu verhaften, wurde er gezwungen, ein vorgefertigtes Urteil des russischen Militärtribunals zu unterschreiben. Das bedeutete für ihn 25 Jahre Zwangsarbeit.

Er wurde in die Eiswüste nach Workuta am Nordende des Uralgebietes ins sibirische Straflager verschleppt. Keinen Kontakt zur Familie. Er wusste nicht, ob er sie jemals wiedersehen würde. Der menschenunwürdige Arbeitsalltag in den Kohleminen von Workuta und die Brutalität der Bewacher ließen ihn täglich den Tod vor Augen sehen. Während er über seinen Lebensweg aus seinem Buch „ Gulag und Genossen“ vorliest, ist andächtige Stille im Raum. Unglaublich, was ein Mensch unschuldig ertragen muss. Nur die Hoffnung, vielleicht doch seine Familie wiederzusehen, und die Kameradschaft einiger Mitgefangener halfen durchzuhalten.

Günther Rehbein konnte im Oktober 1955 durch das politische Engagement des damaligen Bundeskanzlers Adenauer seine Heimatstadt Gera wiedersehen. Doch hier galt er als Klassenfeind und bekam auch in den folgenden Jahren wieder die Allmacht der Staatssicherheit und des DDR-Regimes zu spüren.

1968 wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt, die ihn ins Gefängnis nach Bautzen führten. Erst die Wende brachte für ihn die Möglichkeit, all das erlittene Unrecht anzuklagen und rehabilitiert zu werden. Er sieht es als seine Pflicht an, auf sein Schicksal und das seiner Kameraden, die nicht überlebt haben, aufmerksam zu machen. Er ist zwar heute rehabilitiert, „aber die Jahre gibt mir keiner wieder!“

Die Schüler sind beeindruckt von Günther Rehbeins Energie und seinen Plänen, weitere Bücher zu schreiben, sowie noch viele Vorträge gegen das Vergessen zu halten.

Günther Rehbein richtet am Ende dieser sehr emotionalen und aufschlussreichen Geschichtsstunde einen Appell an die Schüler, sich stets für die Gerechtigkeit und Freiheit einzusetzen und Unrecht zu verurteilen.