Gera. Die Geraer Klinik bietet als erste in Thüringen Typ-1-Früherkennungsuntersuchungen bei Neugeborenen an.

Die Zahl der Kinder, die an Diabetes Typ I erkranken, nimmt seit einigen Jahren zu. Die Gründe liegen jedoch bislang im Dunkeln.

Marian Eulitz, Leiter der Neonatologie (Frühchenstation) des Geraer SRH-Waldklinikums, kann die Entwicklung nur bestätigen. Im vergangenen Jahr hatte das Klinikum deutlich mehr junge Patienten im Alter bis zu drei Jahren, bei denen Typ-I-Diabetes diagnostiziert wurde. Aus diesem Grund nimmt seine Abteilung an der so genannten „Freder1k“-Studie teil – als erste in Thüringen. Derzeit läuft „Freder1k“ flächendeckend nur in Bayern, Niedersachsen und Sachsen.

Mit sogenannten Lanzetten werden die paar Tropfen Fersenblut abgenommen. Foto: Ulrike Merkel
Mit sogenannten Lanzetten werden die paar Tropfen Fersenblut abgenommen. Foto: Ulrike Merkel © zgt

Bei der Studie handelt es sich um eine kostenlose Früherkennungsuntersuchung, die bei Neugeborenen durchgeführt wird. Am dritten Tag nach der Geburt steht das reguläre Neugeborenen-Screening an. Dabei werden dem Baby drei Tropfen Fersenblut abgenommen, die anschließend im Labor auf 15 Hormon- und Stoffwechselkrankheiten sowie Mukoviszidose überprüft werden. Babys, deren Eltern zudem dem Diabetes-Früherkennungstest zugestimmt haben, werden dabei zwei weitere Blutstropfen abgenommen.

Erkrankungsrisiko möglichst früh erkennen

Von hundert Kindern weist durchschnittlich eins ein erhöhtes Diabetes-Risiko auf. Bei Typ I handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört werden.

An der „Freder1k“-Studie teilzunehmen und damit das Erkrankungsrisiko möglichst frühzeitig zu kennen, hat laut Eulitz mehrere Vorteile. Zum einen registrieren Eltern den möglichen Ausbruch deutlich schneller. Denn gerade bei kleinen Kindern sind die Symptome alles andere als eindeutig. Sie reichen von erneutem Einnässen über Gewichtsabnahme bis hin zu übermäßigen Durst. „Manche Kinder kommen deshalb in lebensbedrohlichem Zustand zu uns“, sagt Marian Eulitz.

Darüber hinaus werden die Familien zu weitergehenden Untersuchungen eingeladen und erhalten zudem die Möglichkeit, an der Präventionsstudie Point teilzunehmen. Sie habe das Ziel, die Entwicklung von Diabetes Typ l zu verhindern, sagt Eulitz. Dabei soll die Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen verhindert werden. Das Immunsystem soll durch die tägliche Gabe von Insulinpulver zu einer Mahlzeit so trainiert werden, dass keine fehlerhaften Reaktionen mehr auftreten.

Sobald sich genug Familien für die Point-Studie in Gera entschieden haben, soll die entsprechende ärztliche Betreuung am Studienzentrum des SRH-Klinikums erfolgen. Gerade mit Blick auf die Langzeitwirkungen von Diabetes wie mögliches Nierenversagen nach 20 bis 30 Jahren oder Netzhautablösungen sollte der Ausbruch zumindest hinausgezögert werden, meint der Kinderarzt.

Ganz unabhängig davon, ob sich betroffene Eltern für die Teilnahme an der weiterführenden Point-Studie entscheiden, empfiehlt Eulitz jedem Erziehungsberechtigten, sein Neugeborenes testen zu lassen. Bislang entscheiden sich in Gera rund 75 Prozent der Eltern für eine Teilnahme ihres Nachwuchses an der Studie.

Bei der „Freder1k“-Studie arbeitet Gera eng mit dem Dresdener Uniklinikum zusammen. Neben Gera bietet inzwischen auch Apolda den Diabetes-Test an. Das Dresdener Klinikum hofft, dass sich möglichst viele weitere Krankenhäuser in Thüringen anschließen werden.