Nordhausen. Nordhäuser Naturschützer leisten ihren Beitrag zur Arterhaltung.

Im Umgang mit der einmaligen Südharzer Gipskarst-Landschaft sei höchste Sensibilität geboten, meint Bodo Schwarzberg vom Nordhäuser BUND-Kreisverband. Diesem Grundsatz seien der Verband und seine Mitstreiter auch bei ihrem 94. landschaftspflegerischen Einsatz am vergangenen Sonnabend gefolgt. Zehn Aktive beseitigten den Neuaustrieb von Gehölzen, die sie im Februar auf einer größeren Fläche mit verbuschenden Trocken- und Halbtrockenrasen entfernt hatten. Diese, die darunterliegende Pflanzendecke schonende Herangehensweise, habe zum Ziel, im Einklang mit der Schutzgebietsverordnung und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie jene Lebensgemeinschaften zu erhalten sowie zu fördern, die die Landschaft über Jahrhunderte prägten und unverwechselbar machten – unter weitestgehender Schonung bereits dort siedelnder, bedrohter und geschützter Pflanzenarten, berichtet Schwarzberg.

Das gelegentlich auch zu beobachtende Herausreißen von Gehölzen zur Pflege von Halbtrockenrasen könne im Gegensatz dazu diesen Grundsätzen nicht gerecht werden. Trocken- Halbtrockenrasen wurden einst vor allem mit Schafen und Ziegen in Hütehaltung beweidet. Spätestens nach der Wende begannen sie mit dem verbreiteten Niedergang der Schafhaltung zu verbuschen, was ein Grund für den Rückgang vieler Pflanzen- und auch Tierarten sei, die an diese Lebensräume angepasst sind, allerdings auch für die Ansiedlung anderer Arten.

Manche lichtliebende Magerkeitszeiger aber haben genau dort ihre weithin letzten Rückzugsgebiete. „Zunehmend können sie heute nur noch mit Hilfe des Menschen überleben, da ihre ursprünglichen Lebensräume durch menschliche Besiedlung und deren Folgen ebenfalls stark beeinträchtigt sind oder zerstört wurden“, betont Schwarzberg.

Beim landschaftspflegerischen Einsatz am vergangenen Sonnabend und den beiden vorhergehenden an gleicher Stelle versuchten die Naturschützer daher, die für frühere Zeiten typischen offenen Strukturen und ebenso die teilweise sogar erst durch die zeitweise Nutzungsaufgabe entstandene Strukturvielfalt zu erhalten. Das bedeutet zum Beispiel, Saumstrukturen am Rande von Gebüschmänteln, aber auch eine ganze Reihe größerer Sträucher zu schonen. Manche seltene Pflanzenarten, wie der stark gefährdete Kamm-Wachtelweizen (Melampyrum cristatum) und der gleichfalls seltene Echte Steinsame (Lithospermum officinale), siedeln bevorzugt genau dort.

Nicht zuletzt machen es die zunehmend langen Dürreperioden geradezu notwendig, vor extremer Sonneneinstrahlung geschützte Bereiche auf ansonsten gezielt ungeschützten Flächen zu erhalten. So entdeckten die Naturschützer auf offener Fläche zwei junge Wild-Birnen-Bäume (Pyrus pyraster), die die vergangenen beiden Dürrejahre auffallend schadlos überstanden zu haben scheinen. Solche bisher vielfach vernachlässigten, deutschlandweit nicht sehr häufigen und vor allem heimische, Trockenheit stärker tolerierende Baumarten, sollten hinsichtlich ihrer Klimasensitivität viel stärker beobachtet und gegebenenfalls gefördert werden.

Besonderen Wert legten die Naturschützer auch auf die Pflege eines Wuchsortes des Purpur-Knabenkrautes (Orchis purpurea). Mehrere Exemplare dieser ungefährdeten, aber geschützten Orchideenart wurden vor mehreren Jahren im Einsatzgebiet entdeckt. Sie drohten jedoch, durch starken Schlehenaufwuchs wieder zu verschwinden. Sorgsam entfernten die Naturschützer auch dort den Neuaustrieb der Gehölze.

Für die Zukunft sei es wichtig, dass sich die künftige Bewirtschaftung des einzigartigen Rasen- und Gebüschkomplexe wie auch in anderen Naturschutzgebieten des Landkreises an der Erhaltung der Biodiversität orientiert, meint Schwarzberg. Ideal wäre gelegentliche, zeitlich und örtlich rotierende handmaschinelle Mahd durch den BUND-Kreisverband in Kombination mit ebenso gelegentlicher und abgestimmter Schafhutung zur Erhaltung der Magerkeit und der Strukturvielfalt.

Die zehn Mitstreiter, die sich am vergangenen Sonnabend zusammengefunden hatten, widmeten sich von 9.30 bis 16 Uhr der Pflege im Naturschutzgebiet Alter Stolberg. Es kamen drei Freischneider zum Einsatz, von denen zwei von der Naturstiftung David gefördert wurden. Nur dadurch war es möglich, allmählich auch größere Flächen zu pflegen.

Der nächste größere landschaftspflegerische Einsatz ist am 13. Juni geplant.