In mehreren europäischen Ländern sind Ermittler am Mittwoch gegen die Mafia-Gruppen vorgegangen. Auch in Deutschland gab es Festnahmen.

In mehreren deutschen Bundesländern führten Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch Razzien durch. In Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland wurden dabei dutzende Wohnungen durchsucht und insgesamt 30 Haftbefehle vollstreckt, teilten Ermittler in einer Pressekonferenz am Mittag mit. Die Razzien richteten sich gegen die italienische Mafia-Organisation 'Ndrangheta und waren Teil eines europaweiten Großeinsatzes.

Den Ermittlern zufolge sei der Hintergrund ein Verfahren mit Bezug zur italienischen organisierten Kriminalität, das sich gegen Verantwortliche und Mitglieder der 'Ndrangheta richte. Den Beschuldigten wird unter anderem Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel vorgeworfen. Allein im Zeitraum von Oktober 2019 bis Januar 2022 konnten italienischen und belgischen Behörden der 'Ndrangheta Einfuhr und Handel von fast 25 Tonnen Kokain zuordnen.

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Großrazzien: Zahlreiche Festnahmen in fünf Bundesländern

Das Verfahren wird durch eine gemeinsame Ermittlungsgruppe geführt, an der Europol und Eurojust beteiligt sind. Daneben zählen Sicherheitsbehörden aus Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien dazu, die zeitgleich Maßnahmen in ihren Zuständigkeitsbereichen umsetzten.

In Bayern ermitteln die Staatsanwaltschaft München I und das Bayerische Landeskriminalamt gegen acht Personen. Am Morgen durchsuchten mehr als 130 Einsatzkräfte zehn Objekte, gegen vier Personen wurden EU-Haftbefehle vollstreckt.

Bei einer Mafia-Razzia waren allein in NRW 500 Einsatzkräfte aktiv, darunter auch das SEK.
Bei einer Mafia-Razzia waren allein in NRW 500 Einsatzkräfte aktiv, darunter auch das SEK. © Pudwell

NRW: Mafia-Kuriere sollen 750 Kilo Kokain geschmuggelt haben

In NRW durchsuchten rund 500 Einsatzkräfte – darunter die Einsatzhundertschaft, das Spezialeinsatzkommandos und Diensthundeführer – insgesamt 51 Objekte (Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäfte). Sie vollstreckten 15 Haftbefehle, die im Vorfeld durch die Ermittler des LKA NRW sowie die bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf angesiedelten Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen (ZeOS NRW) erwirkt worden waren.

Unter anderem wurden mutmaßliche Mitglieder einer Kurierkette festgenommen, die im Auftrag der italienischen Mafia insgesamt 750 Kilogramm Kokain aus Häfen in Belgien nach Süditalien geschmuggelt haben sollen. Die möglichen Mitglieder sollen deutsche Staatsbürger sein – angeführt von einem 62-Jährigen.

Außerdem wird gegen den Betreiber eines Eiscafés in Siegen wegen Geldwäsche ermittelt. Das Geschäft soll mit Dorgengeldern finanziert worden sein. Ergänzend fanden Durchsuchungen in vier Objekten in Erfurt (Thüringen) statt, wo ein weiterer EU-Haftbefehl vollstreckt wird.

Razzia: Durchsuchungen und Verhaftungen auch in Rheinland-Pfalz

Rund 500 Einsatzkräfte der Polizei Rheinland-Pfalz vollstreckten unter der Führung des Landeskriminalamtes insgesamt zehn Haftbefehle und 50 Durchsuchungsbeschlüsse. Unterstützt wurden sie dabei von Spezialeinheiten des Bundes und anderer Länder sowie des Zolls und der Steuerfahndung. Die Sachleitung liege bei der Staatsanwaltschaft Koblenz.

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Ermittler des Dezernats für Organisierte Kriminalität des Landespolizeipräsidiums Saarland durchsuchten in Saarbrücken das Wohnhaus und Geschäftsräume eines 47-jährigen Mannes sowie von ihm angemietete Räumlichkeiten in Saarlouis. Der mit Haftbefehl gesuchte Mann wurde dort nicht angetroffen, aber in Italien festgenommen, heißt es. Ein weiterer, mit Haftbefehl gesuchter 25-Jähriger aus dem Saarland wurde ebenfalls in Italien festgenommen. An den Maßnahmen waren rund 90 Einsatzkräfte beteiligt, darunter auch Spezialeinheiten und die Bereitschaftspolizei.

Die Durchsuchungen dienen offenbar dem Auffinden von Beweismaterial. Die Ermittlungen, insbesondere die Auswertung der aufgefundenen Beweismittel, dauere an. Bis zu einer etwaigen rechtskräftigen Verurteilung gelten die Beschuldigten als unschuldig. Insgesamt gab es laut Belgischer Staatsanwaltschaft 150 Durchsuchungen in acht Ländern.

Faeser: "Druck auf organisierte Kriminalität so hoch wie noch nie"

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht in den Razzien "eine der größten bislang durchgeführten Operationen im Kampf gegen die italienische organisierte Kriminalität." In einer Mitteilung hieß es weiter: "Mit den heutigen, europaweit koordinierten Maßnahmen haben die Strafverfolgungsbehörden der 'Ndrangheta einen empfindlichen Schlag versetzt."

Eine "vernetzte, aktive und nachhaltige Zerschlagung krimineller Strukturen" sei die Basis der Strategie zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität, sagte die SPD-Politikerin. Der Druck auf die organisierte Kriminalität in Deutschland sei so hoch wie noch nie. (fmg)

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