85 Jahre sei sie alt, und habe immer gerne täglich die OTZ gelesen. Die betagte, kleine Dame, nennen wir sie Frieda L., mit den riesigen Brillengläsern aus ...

85 Jahre sei sie alt, und habe immer gerne täglich die OTZ gelesen. Die betagte, kleine Dame, nennen wir sie Frieda L., mit den riesigen Brillengläsern aus Saalfeld, hat sich in die Lokalredaktion im vierten Stock bemüht, um uns Redakteuren genau das zu sagen und offene Details zu ihrem Abo zu besprechen. Das müsse sie jetzt nämlich leider kündigen, sagt sie. „Ich kann die Schrift nicht mehr lesen“, sagt sie, klagt aber nicht. Am Inhalt habe es gewiss nicht gelegen, auch die Zustellung sei immer „wie geschmiert“ gelaufen. „Aber die Augen...“ Ihre Worte wirken ehrlich, sicher ist sie auch nicht mehr in einem Alter, in dem sie es für notwendig hält, anderen etwas vorzumachen. Vermutlich war sie nie so. Frieda L. hört ziemlich schwer, man muss laut reden. Doch ihr Schritt ist flink, der Geist wach, die Antworten klar. Im Krankenhaus habe sie früher gearbeitet. Wir versprechen, ihr Anliegen weiterzuleiten und begleiten sie zum Fahrstuhl – sie wusste nicht, dass es einen gibt. Besuche von Lesern wie Frau L. oder allen Anderen, mit denen wir nicht verabredet sind und die wir (noch) nicht kennen, sind eine Wundertüte. Manchmal ergeben sich Themen. Einige bringen Leserbriefe, alte Fotos oder Manuskripte, wollen nur was loswerden, und, ja, auch mal Luft ablassen. Wo wir nicht zuständig sind, wird dahin verwiesen, wo geholfen wird. Wir wollen Ihnen gute Dienstleister sein. Liegt etwas an? Schauen Sie vorbei!