Rüdersdorf. Nachgehakt: Ein schneller Ausbau der A-4-Rastplätze Tümmelsberg ist nicht zu erwarten, dafür ist ein neuer Autohof in der Nähe geplant.

Kein Abend vergeht, ohne dass Lkw auf nicht dafür vorgesehenen Flächen der beiden A-4-Rastplätze Tümmelsberg nahe der Anschlussstelle Rüdersdorf parken. Unser erster Zeitungsbeitrag zum Thema fand großes Echo mit der Bitte nachzuhaken, wie es zu einer solchen Fehlplanung kam.

Auf jeder der beiden Rastplätze stehen zwölf Parkflächen für normale Lkw bereit. Eine mindestens genauso große Wiese auf dem Parkplatz-Areal verhinderte die Einrichtung weiterer mindestens zehn Stell­flächen.

Die Autobahnpolizei schätzt die Gesamtkapazität der Lkw-Parkplätze in Thüringen noch immer als zu niedrig ein. „Die Lkw-Fahrer müssen ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausen machen, aber nicht jeder findet einen regulären Platz“, sagt deren Sprecher Christian Cohn. Deshalb tolerieren die Beamten, wenn Lkw außerhalb der vorgesehenen Flächen parken, solange dies nicht andere Autofahrer gefährdet. Ein Tabu sei es zum Beispiel, die Laster auf Beschleunigungsstreifen abzustellen, erläutert Cohn.

Schildbürgerstreich am neuen Rastplatz an der A4 bei Gera

Die Planungsgesellschaft Deges hatte die niedrige Zahl der Stellplätze auf den Anlagen Tümmelsberg mit den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses begründet. Doch wie kam es zu den niedrigen Planzahlen? Wir haken beim Thüringer Infrastrukturministerium nach. Demnach erfolgte die Entwurfsplanung Anfang der 2000er Jahre. Beim sechsstreifen Ausbau musste der Rastplatz am Geraer Berg entfallen. Der Abstand der Rastplätze Teufelstal am Hermsdorfer Kreuz und der geplanten Anlage Altenburger Land betrug 37 Kilometer. Rastmöglichkeiten sollen aber maximal 15 bis 20 Kilometer voneinander entfernt liegen. So fiel die Wahl auf einen Standort nahe der Anschlussstelle Rüdersdorf, wie Ministeriumssprecherin Antje Hellmann sagt.

Das Bundesverkehrsministerium segnete den Plan im Jahr 2003 mit den damals erwarteten Kapazitäten ab. Diese Daten bestimmten auch das Planfeststellungsverfahren, in dem nie mehr als zwölf Lkw-Stellplätze pro Richtung gefordert waren. Zahlreiche Bürger der angrenzenden Orte äußerten ihre Bedenken gegen den Rastplatz, wie beispielsweise mehr Lärm, höhere Kriminalitätsraten oder eine Verlagerung von Landwirtschaftsverkehr bei der Bestellung der Felder. All diese Gründe prüfte das Thüringer Landesverwaltungsamt und erlaubte schließlich 2011, dass die beidseitigen Rastplätze gebaut werden dürfen.

Eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss folgte. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar entschied am 25. November 2015 endgültig, so dass der Beschluss Rechtskraft erlangte. „Die Ausführungsplanungen für die Verkehrsanlagen, Entwässerungsanlagen, WC-Gebäude einschließlich technischer Ausstattung wurden im Jahr 2016 vergeben“, berichtet Hellmann.

Die Bauausführung erfolgte von September 2017 bis Mai 2019 – das Gesamtprojekt kostete 6,6 Millionen Euro. Und so steht nach fast 20 Jahren ein Rastplatz nach den Maßstäben der frühen 2000er Jahre, auf dem viel Fläche eben nicht als Stellplatz für Lkw genutzt wird.

Mehr Stellplätze nur nach neuer Bürgerbeteiligung

Prinzipiell sei eine Umgestaltung der Grünflächen für mehr Stellplätze möglich, sagt die Ministeriumssprecherin. Jedoch brauche das ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren, um mögliche Betroffenheiten von öffentlichen oder privaten Belangen zu prüfen. Überhaupt sieht das Ministerium derzeit noch keinen Grund, die Anlage zu erweitern. „Eine belastbare Bewertung der Auslastung der beiden Rastanlagen Tümmelsberg ist wenige Tage nach der Eröffnung noch nicht möglich“, sagt Hellmann. Auch die Auslastung umliegender Rastplätze müsse in die Analyse einfließen.

Insbesondere sei dabei der geplante Autohof Rüdersdorf mit einer Kapazität von zirka 50 Lkw-Stellplätzen zu berücksichtigen, den ein privater Investor in einem Gewerbegebiet bei Pörsdorf (Landkreis Greiz) bauen wolle. Autohöfe sind nicht direkt von der Autobahn befahrbar, sondern liegen nur wenige Meter von Anschlussstellen entfernt. Sie müssen rund um die Uhr eine Tankstelle und Imbissversorgung bieten, zudem tagsüber ein umfassendes Speisenangebot und sanitäre Einrichtungen vorhalten. Ob sich nach dessen Eröffnung noch ein erhöhter Bedarf für die Rast­anlagen Tümmelsberg ergibt, ist offen.

Derzeit ermittelt die Bundesanstalt für Straßenwesen auf der Basis der Ergebnisse der im Jahr 2018 durchgeführten bundesweiten Erfassung der Stellplatzkapazitäten den Bedarf an zusätzlichen Plätzen. „Die Ergebnisse liegen noch nicht vor“, sagt Hellmann.

Ungeachtet dessen läuft das Planfeststellungsverfahren für die beiden Rastplätze „Pfingsttal“ (Fahrtrichtung Dresden zwischen Anschlussstelle Apolda und Magdala) sowie „Amselberg“ (Fahrtrichtung Frankfurt zwischen Bucha und Magdala). Offenbar haben die Planer gelernt. 40 Lkw-Stellplätze soll es auf jeder der beiden Anlagen geben – in Summe also mehr als dreimal so viele wie am Tümmelsberg in Ostthüringen.

Zu wenig Lkw-Parkplätze auf ostdeutschen Autobahnen