Dirk Pille über Wettkämpfer, die der Ehrgeiz, die Liebe und manchmal auch das Geld antreibt.

Hilfe, Mike Tyson kommt zurück. Der Box-Veteran mit der großen Klappe und den scharfen Zähnen will sich am 12. September in Kalifornien noch einmal im Viereck zeigen. Mit 54 Jahren. Aber keine Angst, es ist kein richtiges Comeback. Nach 15 Jahren Ringpause eher Seniorenboxen, denn auch Gegner Roy Jones junior ist schon 51 Lenze alt.

Klar, es geht dabei um Geld. Es ist natürlich Zirkus. Im Bezahlfernsehen soll mit der Show ordentlich Kasse gemacht werden. Aber Tyson zieht. In den meist kurzrundigen Kämpfen schickte der New Yorker mit der markanten Zahnlücke seine Gegner früher spektakulär in den Ringstaub. „Iron Mike" saß drei Jahre im Knast und bleibt unvergessen, weil er Evander Holyfield mal ein Stück des Ohres abbiss. Ein Skandalboxer – wie ihn Fans und Medien mögen.

Der Kampf in vier Wochen soll allerdings über acht Runden gehen. Ob da die Kondition der beiden Oldies reicht? Brillieren oder Blamieren, Beifall oder Buhrufe? Bei der Vertragsunterzeichnung rauchte Tyson angeblich einen Joint. Na, das kann ja helfen, um die Wirklichkeit ein wenig zu verschleiern, und Dopingkontrollen gibt es sicher auch nicht. Henry Maske jedenfalls findet den Kampf „absolut akzeptabel“. Schließlich würden Fußballer auch bei Legenden-Spielen antreten. Da hat der „Gentleman“, der mit 43 Jahren selbst noch mal in den Ring stieg und Virgil Hill besiegte, irgendwie recht. Doch das war, gerade noch so, echter Wettkampfsport.

Auch Bernard Hopkins war mit 48 Jahren noch topfit und wurde im Halbschwergewicht ältester Box-Weltmeister. Dessen Rekord versuchte Firat Arslan mit fast 50 Jahren im Februar dieses Jahres zu knacken. Es endete mit einem eher skurrilen K.o. des Deutsch-Türken. Auch George Foremans Comeback verursachte damals eher Kopfschütteln. Gegen Axel Schulz reichte es 1995 noch dank der Punktrichter. Als der einstige Ali-Gegner 2005 an seinem 56. Geburtstag aber die Rückkehr in den Ring ankündigte, legte Foremans Frau ihr Veto ein.

Der älteste Boxer aller Zeiten war übrigens ein gewisser Kentucky Rodebud alias Walter Edgerton, der 1916 mit 63 Jahren den 45-jährigen „Youngster" John Herny Johnson ausknockte. Boxen und Geld – da wird der Sport schon mal zu Nebensache.

Die Hauptsache bei Claudia Pechstein ist immer noch Eisschnelllaufen. Mit sagenhaften 48 Jahren rennt die Berlinerin, die seit 1992 an sieben Olympischen Spielen teilgenommen hat, immer weiter. Auch der gleichaltrige Skispringer Noriaki Kasai verstellt Jahr für Jahr die biologische Uhr und will wie Pechstein noch zu den Spielen 2022 nach Peking.

Bei den Sommerspielen ragte Rennkanutin Birgit Fischer heraus. Die Brandenburgerin ist mit acht Gold- und vier Silbermedaillen die erfolgreichste deutsche Olympionikin. Die letzte Goldmedaille holte sie mit 42 Jahren. Mit 45 hatte sie noch – einen jedoch erfolglosen – Versuch unternommen, sich für Peking 2008 zu qualifizieren.

Wer aber ist der älteste Olympiasieger aller Zeiten? Der rüstige Rentner heißt Oscar Swahn und war Sportschütze. Mit fast 65 Jahren holte er 1912 in seiner Heimat Stockholm Mannschaftsgold in der Disziplin Laufender Hirsch. Nach dem Ersten Weltkrieg avancierte Swahn dann zum ältesten Olympiateilnehmer aller Zeiten. Mit fast 73 gewann er noch einmal Mannschaftssilber. Bei allen Teamwettkämpfen, bei denen er eine Medaille gewann, gehörte übrigens auch sein Sohn Alfred zur Mannschaft. 1924 in Paris musste Swahn dann auf seine vierte Olympiateilnahme verzichten. Er war krank. Drei Jahre später starb der Dauerbrenner mit 79 Jahren.

Älteste Olympiasiegerin war Sybil „Queenie" Newall aus England. Die Bogenschützin gewann 1908 in London Gold. Da war sie 53. Ihren letzten Wettkampf bestritt sie 928 mit 74 Jahren in ihrer Heimat Cheltenham. Neun Monate später starb die Bogen-Legende.

Um den legendären Altersrekord der Damen einzustellen, müsste Claudia Pechstein, nach Peking 2022 also noch eine olympische Runde dranhängen. Ob sie es schafft? Wer weiß, was bei Pechstein schon passiert...