Frank Quilitzsch über einen Auftritt von Thüringens ältester Boygroup.

Die Vorfreude ist größer als sonst. Man trifft sich ja nicht mehr so oft in diesen Zeiten. Wann war unser letzter Auftritt als Thüringer Literaturquartett, kurz TLQ genannt?

Martin Straub, den ich am Erfurter Bahnhof aufgabele, weiß es noch. Vor anderthalb Jahren, Jenaer Fuchsturm, der Erlös ging an die Elterninitiative krebskranker Kinder. Damals hatte Matthias Biskupek krankheitsbedingt gefehlt. Die nächste Benefizlesung fiel dem Virus zum Opfer. Nun also Schmalkalden, in der gläsernen Viba-Nougatwelt.

Wir steigen im Waldhotel Ehrental ab, unweit vom Trusetaler Wasserfall, dort, wo die Hirsche auf der Wiese lungern.

Biskupek und Landolf Scherzer sind schon da, trinken Kaffee. Beide mit weißer Stoppelfrisur. Straub trägt sein schütteres Haar lang wie zu Jugendzeiten, hatte noch keinen Friseurtermin.

Es erfüllt uns mit Stolz, dass schon 60 Karten im Vorverkauf weg sind. Wir sind so etwas wie Thüringens älteste Boygroup, bringen zu viert 288 Jahre Erfahrung aufs Tapet. Als wir vor 17 Jahren das TLQ gründeten, waren wir noch zu fünft und voller Flausen. 2017 starb Quintett-Bruder Hans-Jürgen Döring, der Landtagsdichter. Seither lesen wir für ihn mit.

Der Mensch ist nicht fürs digitale Leben bestimmt

„Danke, dass Sie helfen, dass wir helfen können, dass andere helfen“, sagt Scherzer. Vor uns sitzen hundert Maskierte. Was für ein Gefühl, endlich wieder Neugier zu spüren, Beifall und Gelächter zu hören. Und beim Signieren ins Gespräch zu kommen. Der Mensch ist nicht für ein digitales Leben bestimmt. Er braucht den unmittelbaren Kontakt, selbst wenn der zurzeit nur auf Abstand möglich ist.

In Schmalkalden kommen 1000 Euro zusammen, für Bruno, einen vierjährigen Jungen, der an einem Gendefekt leidet. Die Spende soll den Eltern den behindertengerechten Umbau des Hauses ermöglichen. Der Mitveranstalter, die VR Bank Bad Salzungen, legt noch 500 Euro drauf.

Danach ziehen wir uns ins Hotel zurück. Lassen bei Wein, Käse und frisch geräucherter Wurst die Masken fallen. Reden über neue Manuskripte, über Corona und den sterbenden Thüringer Wald.

Es wird heftig, es wird laut. So jung streiten wir uns nie wieder.