Stephan B. handelte allein; aber nicht im Geiste. Von Fabian Klaus.

Tag zwei nach der schrecklichen Bluttat von Halle: Der Täter ist ein Rechtsextremist, der von der weißen Vorherrschaft träumt.

Als er aus seinem Auto stieg, um die Synagoge in Halle zu stürmen, war B. allein. Handelte er isoliert?

Rechtsextremisten tun den feigen Mordanschlag, der auf eine antisemitische Motivation zurückzuführen sein wird, als Tat eines „Spinners“ ab. Kein Wort darüber, dass am höchsten jüdischen Feiertag eine Synagoge gestürmt werden sollte – und was das zu bedeuten haben könnte.

Kein Wort darüber, dass der Täter den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Schuld für die Probleme dieser Welt gibt. Lieber wird die These eines durchgedrehten Täters propagiert. Die relativiert die Tat. Der aber hat sich radikalisiert. Er hatte Vorbilder, wollte in Halle eine Fortsetzung der Anschläge von Utoya, München und Christchurch.

Einzeltäter? Wenn ein Täter als Einzeltäter abgetan wird, nur weil er in dem Moment des Verbrechens allein gehandelt hat, dann benötigt diese Definitionsgrundlage eine dringende Reform. Niemand kann eine solche Tat wirklich allein begehen. Ja, der „Lone Attacker“ kann Zeitpunkt, Ort und Art seiner Tat selbst bestimmen – aber davor stehen Hass, Hetze und Menschenverachtung, die zu seiner Radikalisierung führen – im öffentlichen Raum wie in der digitalen Welt. Unter uns sitzen die Mittäter. Es sind jene, die jetzt von einem spinnerten Einzeltäter sprechen und sich damit aus ihrer Mitverantwortung für Halle und all die anderen Hassverbrechen stehlen.

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