Wenn Patienten mit Herzerkrankungen Wirbelsäulenprobleme bekommen, ist eine abgestimmte interdisziplinäre Zusammenarbeit nötig. Doch es gibt auch Fälle, da ist es aufgrund der Symptomatik nicht leicht festzustellen, ob man Herz- oder Wirbelsäulenprobleme hat. Prof. Mootaz Shousha, Chefarzt der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie und Prof. Harald Lapp, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin im Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka über gemeinsame Patienten, Operationen und Prävention.

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In der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie werden jährlich 1800 Patienten behandelt. Die Klinik ist Wirbelsäulenzentrum der Maximalversorgung und Eurospine-Zentrum. Kommen zu Ihnen besonders schwierigen Fälle?

Shousha: Das stimmt tatsächlich. Wir bekommen die Revisionsfälle, die die anderen Kliniken abgelehnt haben. Das hat natürlich einen Grund: Wir haben hier die Infrastruktur, die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen. Patienten mit schwierigen Krankheitsbildern brauchen interdisziplinäre Therapie. Und das klappt sehr gut bei uns.

Lapp. Die Zentralklinik hat eine exzellente Infrastruktur für alle chirurgischen und internistischen Fächer. Der Fokus auf spezialisierte Medizin ist sehr gut abgebildet.

Was ist die schwierigste Zeit? Vor, während oder nach der OP?

Prof. Mootaz Shousha, Chefarzt der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie und Prof. Harald Lapp, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin im Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka.
Prof. Mootaz Shousha, Chefarzt der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie und Prof. Harald Lapp, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin im Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka. © Zentralklinik Bad Berka

Lapp: Vorher müssen die Anästhesiekollegen intensiv beraten, wie die Narkose eingeleitet wird. Es spielt eine große Rolle und unsere Anästhesisten haben natürlich aufgrund der vielen Patienten mit schweren Herzerkrankungen auch viel Erfahrung im Umgang mit nicht ganz so leichten Fällen. Diese Expertise ist da. Wir sprechen Narkoseverfahren vorher ab und natürlich auch, welche Medikamente müssen abgesetzt werden, weil die bei der Narkoseführung als auch bei der OP Probleme bereiten können.

Shousha: Bei der Vorbereitung des Patienten ist ein MRT eine essentielle Untersuchung. Durch das Alter bekommen viele Patienten Schrittmacher. Hier werden auch vorher diese Patienten untersucht und dann auch aus kardiologischer Sicht für die Operation beurteilt. Das ist nicht ganz so üblich überall.

MRT ist ein gutes Stichwort. Sie brauchen perfekte Bilder, gerade auch für aufwändige Operation, die länger dauern, wie z. B. bei extremen Skoliosen. Ist das schwierig bei älteren Patienten?

Shousha: Es gibt Skoliosen bei Kindern und degenerative Skoliosen bei älteren Menschen, und letztere benötigen eine gute Vorbereitung auf die große OP. Denn die meisten sind auch herzerkrankt und wir brauchen vorher ein Statement der Kardiologen, wie fit die Patienten sind. Wir passen den Eingriff an die Patienten an, an die Beschwerden, an die MRT-Bilder und an den körperlichen Zustand. Dann wird entschieden und es gibt ja auch schonendere minimalinvasive Verfahren.

Generell sind die Patienten älter und oft mehrfach erkrankt…

Shousha: Natürlich gibt es Krankheitsbilder die wir gemeinsam behandeln, entzündliche Prozesse. Die Bevölkerung ist älter geworden, das Immunsystem schwächer, die Überlebensrate von Tumorpatienten ist größer geworden und da sehen wir jetzt entzündliche Prozesse in der Wirbelsäule. Und nicht selten gibt es auch Probleme mit dem Herzen. Wir finden dann einen gemeinsamen Weg, wie wir das Krankheitsbild angehen. Manchmal ist es notwendig, zuerst das Herz zu therapieren, manchmal muss man zuerst die Wirbelsäule sanieren, damit das Herz wieder gut arbeiten kann.

Lapp: In den Reihen der WS-Klinik gibt es einen Chirurgen, der auch Internist ist, ein großer Vorteil.

Shousha: Wir möchten Risiken ausschließen, müssen noch genauer hinsehen. Wir möchten die beste medizinische Qualität anbieten, nicht nur wirbelsäulenchirurgisch.

Was kann man vermeiden bzw. aktiv tun, damit man vor degenerativen Erkrankungen gefeit ist?

Shousha: Es gibt viele Punkte: Ernährung, auf das Gewicht achten, denn je mehr Gewicht, desto mehr Last für die Wirbelsäule, Bewegung ist wichtig, aber rückengerecht.

Lapp: Wir möchten allen raten, in Bewegung zu bleiben, sich vielfältig zu bewegen und nicht einseitig. Das hat Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und die Diabetesentwicklung.

Interview: Anke Geyer