Erfurt/Jena/Gera. Die Corona-Krise überschattet in diesem Jahr die traditionellen Demonstrationen zum Tag der Arbeit. Ein Autokorso ruft die Polizei auf den Plan, Rechtsextreme scheitern am Nachmittag mit einer Kundgebung in Erfurt.
Demonstranten mit Mundschutz, Polizeiautos auf teils menschenleeren Straßen und Plätzen: Die Corona-Pandemie hat den diesjährigen Tag der Arbeit auch in Thüringen bestimmt. Landesweit waren zum 1. Mai nur wenige Kundgebungen angemeldet und da, wo sich Menschen versammelten, waren die Teilnehmerzahlen gering. Unter anderem vor der Staatskanzlei in Erfurt, im Stadtzentrum von Jena und in Gera versammelten sich Gewerkschafter am Freitag zu Mai-Feiern im Miniaturformat. Auch in Gotha und Eisenach gab es Demos.
Alle aktuellen Infos im kostenlosen Corona-Liveblog
1. Mai in Erfurt: Demonstrieren mit Sicherheitsabstand
Wegen der Pandemie hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die traditionellen Mai-Kundgebungen am Tag der Arbeit erstmals seit rund 70 Jahren abgesagt und seine Aktionen weitgehend ins Internet verlegt - mit Gesprächsrunden, Musik und Interviews unter dem Motto «Solidarisch ist man nicht alleine!». In Thüringen durften wegen der Pandemie nur maximal 50 Menschen unter freiem Himmel zusammenkommen und mussten zudem einen Mindestabstand von 1,50 Metern einhalten.
Rechtsextreme wollen auf dem Domplatz demonstrieren
Auf dem Anger in Erfurt demonstrierten einige Menschen mit Plakaten in einem von Absperrband begrenzten Bereich unter anderem für eine bessere Bezahlung von Pflegekräften und kritisierten Bonus-Zahlungen für Manager und Banker. Laut Polizei verliefen die Demonstrationen friedlich. Vor der Staatskanzlei startete ein DGB-Aufzug mit vier Menschen, die in zwei Autos durch die Stadt fuhren. Solidarität bedeute in Zeiten der Corona-Pandemie, zu Hause zu bleiben, sagte eine Teilnehmerin.
Am Nachmittag versammelten sich deutlich mehr als 100 Menschen auf dem Domplatz. Rechtsextreme wollten spontan eine Kundgebung abhalten. Demonstranten aus dem linken Spektrum meldeten daraufhin Proteste an.
Bis 16 Uhr hatten die Rechtsextremen ihre Versammlung nicht begonnen. Nur wenige ihrer Anhänger waren erschienen. Kurz vor einem heftigen Regenschauer verließen sie den Domplatz. Die Gegendemonstranten hatten sich bis dahin friedlich und weit verteilt auf dem Areal niedergelassen. Ein größeres Polizeiaufgebot sicherte die Erfurter Innenstadt, musste aber kaum eingreifen.
AfD scheitert mit Klage gegen Demo-Verbot
Das Verbot der von der AfD angekündigten Demonstration mit bis zu 1000 Teilnehmern durch die Stadt Erfurt hatte das Verwaltungsgericht in Weimar am Donnerstagabend bestätigt. Die AfD hatte zudem auf ihrer Internetseite die Kundgebung abgesagt, aber die Überprüfung der Entscheidung durch die Gerichte angekündigt.
Proteste vor Gefängnis gegen Besuchsverbot
In Untermaßfeld nutzte die Gefangenengewerkschaft den 1. Mai, um am Freitag vor dem Gefängnis gegen die Haftbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie zu protestieren. Das Gefängnis im Kreis Schmalkalden-Meiningen ist bisher die einzige Thüringer Haftanstalt, in der Corona-Infektionen bekannt geworden sind. Unter anderem dürfen die Gefangenen derzeit keinen Besuch empfangen.
Vor etwas mehr als zwei Wochen könnten sich drei Gefangene und eine Bedienstete beim damaligen Anstaltsarzt angesteckt haben, der positiv auf Covid-19 getestet wurde. Nach Angaben des Justizministeriums sollen die danach eingeleiteten Quarantänemaßnahmen ab Montag weitgehend aufgehoben werden.
1. Mai in Zeiten von Corona: Demonstration in Erfurt nur mit Einladung
Autokorso legt Verkehr in Gotha lahm
Ein offenbar spontaner Autokorso rief die Polizei in der Gartenstraße in Gotha auf den Plan. Laut Polizei versammelten sich rund 40 Pkw, die aneinander gereiht und hupend auf sich aufmerksam machten. In der Folge sei der Verkehr in diesem Bereich kurzfristig zum Erliegen gekommen.
Da sich vor Ort laut Polizei niemand als Verantwortlicher zu erkennen gab und auch keine Versammlung angemeldet wurde, wurde der Autokorso durch die Versammlungsbehörde aufgelöst. Kurzfristig bestehende Einschränkungen im Straßenverkehr lösten sich im Anschluss schnell wieder auf. Ein Teilnehmer weigerte sich, seine Papiere vorzuzeigen und leistete laut Polizei Widerstand. Gegen ihn wurde eine Anzeige gefertigt.
15 Anzeigen in Eisenach
Am Nachmittag versammelten sich mehrere Menschen auf dem Marktplatz in Eisenach. In der Spitze waren es laut Polizei rund 80 Personen. Anschließend unternahmen die Teilnehmer einen Spaziergang durch die Karlstraße in Eisenach. Die Versammlungsbehörde sah in dieser Zusammenkunft laut Polizei keinen Versammlungscharakter. Somit wurden die Teilnehmer auf die Regelungen der geltenden Eindämmungsverordnung hingewiesen und insgesamt 15 Teilnehmer wegen Verstößen gegen die vorgenannte Verordnung angezeigt.
In Gera verlangten Gewerkschafter der IG Metall neben der Wiedereröffnung von Kindergärten für alle Kinder und der Aufstockung des Kurzarbeitergeldes einen besseren Gesundheitsschutz in den Betrieben. «Ein Wiederanlaufen der Produktion darf nicht zur Gesundheitsgefährdung führen», erklärte Franziska Wolf von der IG Metall Gera. Arbeitgeber müssten die Arbeitsplätze so gestalten, dass eine Ansteckung mit dem neuen Coronavirus verhindert werde.
Fahrrad-Demo in Jena
Fünf Demonstrationen waren in Jena gemeldet, wo unter anderem 40 Menschen zu einer Fahrrad-Demonstration zusammenkamen. Bei einem «Frauenstreik» hielten sich nach Angaben eines Stadtsprechers zeitweilig mehr als 50 Menschen auf dem Holzmarkt auf. Allerdings habe es sich dabei nicht nur um Teilnehmer gehandelt, sondern auch um Passanten. In dem Areal habe man ausreichend Abstand halten können.
Kai Mudra/red