Washington. Die Republiker haben den Druck gegen Biden erhöht. Der US-Präsident steckt wegen dubioser Geschäfte seines Sohnes in der Bredouille.

US-Präsident Joe Biden hält sich einen zentralen Vorteil gegenüber seinem Widersacher Donald Trump zugute: Er sagt, er sei ehrbarer ‒ und unbescholten. Dieser Behauptung bröckelt nun jedoch Fundament weg. Frische Umfragen dokumentieren nicht nur, dass über 75 Prozent der Amerikaner den 80-Jährigen für entschieden zu alt halten, um ab 2025 eine zweite Amtszeit zu bewältigen. Bidens Familie wird in der Bevölkerung mittlerweile auch als fast so korrupt angesehen wie der Trump-Clan. Das ist das Werk der oppositionellen Republikaner und ideologisch angegliederter Medien.

Schon vor der Präsidentschaftswahl 2020 erzeugten die Konservativen wegen Bidens Problem-Sohn Hunter (53) und dessen dubiosen Geschäften mit ukrainischen und chinesischen Partnern den Eindruck, dass Biden keine ethisch-moralische Überlegenheit gegenüber dem heute vor einem strafrechtlichen Super-Gau stehenden Konkurrenten beanspruchen kann. Damals überschrieb ein Magazin einen Text mit der Zeile: "Wird Hunter Biden die Wahlkampagne seines Vaters in Gefahr bringen?". Die Frage, die rückblickend auf 2020 mit Nein zu beantworten ist, wirkt heute brisanter denn je.

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Joe Biden: Keine Mehrheit im Senat für Rausschmiss

15 Monate vor der Wahl 2024, bei der nach jetziger Schau erneut die alten Schlachtrösser Biden und Trump um die Gunst von 170 Millionen Wählerinnen und Wähler kämpfen werden, haben die Republikaner nun das schärfste parlamentarische Schwert gegen einen amtierenden Commander-in-Chief gezückt: das Amtsenthebungsverfahren (Impeachment). Kevin McCarthy, Chef der "Grand Old Party" im Repräsentantenhaus, will auf diesem Weg die Schweigemauer durchbrechen, die das Weiße Haus aus seiner Sicht hochgezogen habe, um Nachfragen zu den zwiespältigen Geschäften des Präsidentensohns und mögliche Verwicklungen seines Vaters zu der Zeit seiner Vizepräsidentschaft abzuwehren.

Schon zuvor war darüber spekuliert worden, am Dienstag kündete McCarthy nun an, er habe Ermittlungen für ein Impeachment-Verfahren angeordnet. Es gebe glaubhafte Anschuldigungen, dass Biden an illegalen Geschäften seines Sohnes Hunter beteiligt gewesen sei. Dazu seien genauere Nachforschungen nötig.

Damit könnten die Wählerinnen und Wähler neben Trumps Gerichts-Marathon im nächsten Jahr eine inquisitorische Parallel-Veranstaltung zu sehen, die Bidens Lage weiter verschatten könnte. Wobei jetzt schon klar ist: Die entscheidende Mehrheit im Senat für einen tatsächlichen Rausschmiss des Präsidenten bleibt eine Illusion. Auch, ob nach Ermittlungen tatsächlich ein Amtsenthebungsverfahren eröffnet werden könnte, ist noch offen.

Hunter Biden: Die Eskapaden seines Sohnes bringen Biden in Bedrängnis

In der Manier eines Untersuchungsausschusses haben die "Reps" unter Führung von James Comer in den vergangenen Monaten zwar keine "smoking gun" gefunden, die Biden Senior als finanziellen Nutznießer der millionenschweren Business-Deals seines Sohnes überführen könnte. Aber die zusammengetragenen Puzzle-Teile lassen die Behauptung des Vaters zumindest fraglich erscheinen, er habe nie mit Hunter über Geschäftliches gesprochen.

Unter Eid sagten Zeugen, die einst Geschäftspartner des 53-Jährigen waren, aus, dass Hunter Biden des Öfteren in Verhandlungen zum Handy griff und seinen Vater, den damaligen Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, auf laut stellte. Auch sei klar, dass Hunter Biden 2014 einen gut dotierten Job beim ukrainischen Energie-Unternehmen Burisma nur deshalb bekam, weil Joe Biden seiner Zeit für Kiew politisch verantwortlich war. In diesem Zusammenhang sollen auch 5000 im National-Archiv abgespeicherte E-Mails eine Rolle spielen, bei denen Joe Biden aus noch ungeklärten Gründen Pseudonyme wie "Robin Ware" und "Robert L. Peters" benutzte.

Honig saugen können die Republikaner, die nach jedem Strohhalm greifen, um von von Trumps Malaise abzulenken, auch aus einem juristischen Rückschlag, den das Haus Biden so nicht auf dem Zettel hatte. Die Bundesbehörden ermittelten seit fast fünf Jahren gegen Hunter Biden wegen Steuerhinterziehung und einer strafbaren Falschdeklaration. Beim Kauf einer Pistole hatte er, der lange Jahre von Crack und Kokain abhängig war, seinen Drogenkonsum verheimlicht. Die Steuerschuld ist längst beglichen. In puncto Waffen-Schwindel sollte eine Verständigung erzielt werden, die Hunter Biden allenfalls mit Bewährungsstrafe, Geldbuße und Rehabilitationskurs belegen würde aber den Gang hinter Gitter ausspart.

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Republikaner mit immer neuen Forderungen an Biden

Alles perdu. Der "Deal" ist vor Gericht geplatzt. Inzwischen hat das Justizministerium den zuständigen Staatsanwalt zum Sonder-Ermittler aufgewertet. David Weiss kann damit landesweit jeden Stein gegen den inzwischen in Kalifornien lebenden Präsidenten-Sohn zweimal umdrehen. Die Wahrscheinlichkeit eines öffentlichen Prozesses, in den so oder so auch Joe Biden hineingezogen würde, ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft massiv gestiegen. Die Hunter-Saga trägt dazu bei, dass Bidens Regierungsbilanz "kaum oder nur verzerrt wahrgenommen" werde, sagen politische Kommentatoren in Washington.

Dass ihm nach der Bewältigung der Corona-Pandemie milliardenschwere Investitionen in Klimaschutz, marode Infrastruktur und Sozialstaat gelungen sind, dass Schlüssel-Technologien gestärkt, die Inflation gesenkt und die Arbeitslosenzahlen vergleichsweise niedrig gehalten wurden, fällt Biden nicht auf die Butterseite. Werden Amerikaner gefragt, ob es ihnen heute wirtschaftlich besser geht, als vor drei Jahren, kreuzen die meisten "No" an.

Folgt die Zusatzfrage, ob das Land ökonomisch bei Biden ab 2025 in guten Händen wäre, wird reflexartig abgewunken. Die Republikaner docken hier mit dem bisher nicht belegten Verdacht an, dass sich Biden via Sohn Hunter die Taschen vollgemacht habe. Sie wollen Konto-Auszüge sehen. Der Präsident hat die Aufforderung in der vergangenen Woche säuerlich weggelächelt. Das funktionierte. Nur wie lange noch?