Kiew. Putin holt einen Vertreter der Wagner-Spitze ins Verteidigungsministerium. Damit bringt er die Söldnertruppe unter seine Kontrolle.

Fünf Tage nach dem Aufstandsversuch von Jewgenij Prigoschin empfing Russlands Präsident Wladimir Putin die 35 wichtigsten Köpfe der Söldnertruppe Wagner im Kreml. „Na gut, nun seid ihr doch im Kreml“, soll Putin die Wagner-Führung inklusive den in der ersten Reihe sitzenden Prigoschin spöttisch begrüßt haben. Putin gab den Wagner-Söldnern nach ihrem gescheiterten Putsch zwei Optionen: entweder mit Prigoschin nach Belarus abzuziehen – oder weiter unter Führung des Kommandeurs „Sedoj“ zu dienen.

„Sedoj“ („Der Grauhaarige“) heißt in Wirklichkeit Andrej Troschew, er stammt wie Prigoschin und Putin aus St. Petersburg und ist formell Oberst im Ruhestand. In der Vergangenheit nahm der 61-Jährige aktiv sowohl am Krieg im Afghanistan als auch am Zweiten Tschetschenienkrieg teil. In den letzten Jahren war Troschew aber vor allem als Stabschef und damit als einer der wichtigsten Wagner-Kommandeure bekannt.

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Nun holt Putin den früheren Prigoschin-Vertrauten ins Verteidigungsministerium. Troschew ist damit nun ganz offiziell Chef des Wagner-Teils, der sich dafür entschied, in den Dienst des Verteidigungsministeriums zu treten. Der russische Machthaber selbst ernannte Troschew am Freitag zum Verantwortlichen für die Bildung von Freiwilligeneinheiten für den Krieg in der Ukraine.

Putin konnte die Wagner unter seine Kontrolle bringen

All das passiert zu einem Zeitpunkt, an dem die Ukraine die Rückkehr früherer Wagner-Kämpfer an den Frontabschnitt um Bachmut meldet. Kein Zufall war auch die Anwesenheit von Vize-Verteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow bei dem Treffen: Jewkurow war in den vergangenen Monaten häufig in afrikanischen Ländern unterwegs, in denen Wagner schon seit Jahren stark präsent war.

Russlands Staatschef Wladimir Putin (links) mit Vize-Verteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow (Mitte) und Andrej Troschew (rechts) im Kreml.
Russlands Staatschef Wladimir Putin (links) mit Vize-Verteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow (Mitte) und Andrej Troschew (rechts) im Kreml. © AFP | Mikhail Metzel

So ist es Putin innerhalb von drei Monaten gelungen, Wagner fast vollständig unter seine Kontrolle zu bringen. Nach dem tödlichen Flugzeugabsturz von Wagner-Gründer Prigoschin dürften viele der ursprünglich nach Belarus gegangenen Söldner nun aufgrund fehlender Alternativen doch einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium schließen.

Gerüchte um Troschew: Hat er ein Alkohol-Problem?

Andrej Troschew, der für seinen Einsatz in Syrien die Auszeichnung „Held Russlands“ bekam und zugleich deswegen auf einer Sanktionsliste der EU landete, ist jemand, auf den sich der Kremlherrscher verlassen kann. Der Oberst galt trotz seiner Nähe zur Wagner-Führung stets als Mittelsmann zwischen der Söldnertruppe und den russischen Staatsstrukturen. Troschew soll nicht nur den Aufstandsversuch von Prigoschin abgelehnt, sondern Gerüchten zufolge auch Informationen mit dem Inlandsgeheimdienst FSB geteilt haben.

Troschew verfügt zwar übergroße Kampferfahrung, er hat aber auch Schwächen. Die Rede ist von einer Alkoholabhängigkeit. 2017 soll er laut gewöhnlich gut informierten Lokalmedien wie der Online-Zeitung Fontanka sogar in ein St. Petersburger Krankenhaus mit einer Alkoholvergiftung eingeliefert worden sein. Ob dies aber aus der Sicht Putins wirklich ein Nachteil ist, lässt sich bezweifeln: Troschew dürfte er nämlich deutlich besser im Griff haben als den früheren Wagner-Chef Prigoschin. Das könnte Sie auch interessieren: Sind westliche Kampfpanzer ungeeignet für den Ukraine-Krieg?

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