Brüssel/Berlin. Brüssel beerdigt den Plan, Senioren künftig zu Fahrtauglichkeits-Tests zu verpflichten. Doch ein Problem für alle Autofahrer bleibt.

Die Pläne der EU, für Autofahrer ab 70 Jahren regelmäßige Fahrtauglichkeits-Tests vorzuschreiben, hat in den Mitgliedsstaaten für große Aufregung gesorgt. Jetzt kommt Entwarnung aus Brüssel: Die Verkehrsminister der Europäischen Union haben bei ihrer Tagung am Montag die Idee beerdigt. Auch die europaweite Pflicht für Senioren, den Führerschein alle fünf Jahre erneuern zu lassen, ist damit vom Tisch. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der sich von Anfang an gegen entsprechende Pläne gewandt hatte, begrüßte den Beschluss. „Ich bin froh, dass wir überzeugen konnten,“ sagte Wissing.

Die umstrittene Idee war Teil eines Entwurfs der EU-Kommission für eine neue Führerschein-Richtlinie. Künftig sollten demnach die Führerscheine von Seniorinnen und Senioren über 70 Jahren in der gesamten EU auf maximal fünf Jahre befristet werden. Für eine Verlängerung der Fahrerlaubnis hätten die älteren Autofahrer dann Bedingungen erfüllen müssen: Medizinische Tauglichkeitstests auch ohne Anlass, eine schriftliche Selbsteinschätzung zum Gesundheitszustand oder andere Maßnahmen, zu denen etwa Auffrischungskurse gehören könnten.

Lesen Sie auch: Führerschein-Check für Senioren – diese Alternative gäbe es

Wie die endgültige Gesetzesregelung aussieht, ist offen, darüber müssen jetzt EU-Parlament und Rat der Mitgliedstaaten verhandeln. Aber klar ist: Ohne grünes Licht vom Ministerrat kann es die verpflichtende Test-Regelung für Senioren nicht geben. Wahrscheinlich sieht aber auch das neue Gesetz vor, dass es Mitgliedstaaten freigestellt bleibt, Befristung und Checks selbst zu regeln. Doch gilt es unter EU-Diplomaten als ausgeschlossen, dass im finalen Verhandlungsergebnis die Positionierung der Verkehrsminister übergangen wird.

Führerschein: Befristete Gültigkeit für 15 Jahre bleibt erhalten

Allerdings: Mit den Plänen ist die Bundesregierung trotzdem nicht zufrieden – Wissing enthielt sich bei der Abstimmung im Ministerrat. Denn vorgesehen ist, dass bei der schon bestehenden Erneuerungspflicht für Führerschein-Dokumente alle 15 Jahre künftig alle Autofahrer eine Selbstauskunft zu ihrer Fahrtauglichkeit abgeben müssen. Das bringe keinen Mehrwert für die Verkehrssicherheit, führe aber zu völlig überflüssigen Bürokratielasten für die Verwaltung, sagte Wissing. „Es ist einfach nur die Beschäftigung mit Formularen, ohne dass damit eine Verbesserung der Verkehrssicherheit erreicht wird.“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die EU-Pläne für Fahrtauglichkeits-Checks für Senioren von Anfang an abgelehnt.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die EU-Pläne für Fahrtauglichkeits-Checks für Senioren von Anfang an abgelehnt. © Martin Schutt/dpa | Unbekannt

Bereits seit Januar 2013 wird jede neue Fahrerlaubnis nur noch 15 Jahre anerkannt. Verkehrsteilnehmer müssen danach eine Verlängerung des Führerscheins beantragen, aber keine neue Fahrprüfung absolvieren. Alle bis 2013 ausgestellten, unbefristeten Führerscheine müssen nach geltender Gesetzeslage bis spätestens 2033 umgetauscht werden. Eine verkürzte Befristung der Führerscheine auf nur fünf Jahre allein für Senioren hatte die Kritik hervorgerufen, es handele sich um Altersdiskriminierung – die ist nun vom Tisch.

ADAC mahnt: „Fahrfähigkeiten regelmäßig selbstkritisch hinterfragen“

Wissing hatte unserer Redaktion gesagt, er traue den Senioren zu, dass sie sich „ohne staatliche Vorgaben und bürokratische Kontrolle mit ihrer Gesundheit auseinandersetzen“. Zudem sei es „eine Verantwortung des Umfelds, von Kindern, Verwandten und Nachbarn, mit alten Menschen über das Autofahren zu sprechen“. Die Unfallstatistik verzeichne in der Altersgruppe über 70 „keine signifikanten Zahlen bei schweren Unfällen“, betonte der Minister.

Der ADAC lehnt den EU-Entwurf ebenfalls als realitätsfern ab. Doch mahnt der Autoclub auch: „Alle Personen, die am Straßenverkehr teilnehmen, sollten ihre Fahrfähigkeiten regelmäßig und vor allem selbstkritisch hinterfragen.“ Freiwillige Fitnesschecks könnten zum Erhalt der eigenen Fahrfähigkeiten und zur Verkehrssicherheit beitragen.