Brüssel. Die Nato-Bilanz zu den Militärausgaben zeigt, welche Länder sich anstrengen und welche nicht. Was droht Verweigerern wirklich?

Deutschland und die anderen Nato-Staaten in Europa erhöhen angesichts der russischen Bedrohung ihre Militär-Ausgaben so stark wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Allerdings gilt das nicht für alle Länder, es gibt Ausreißer – neue Debatten im Bündnis drohen.

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Allein im vergangenen Jahr stiegen die Ausgaben der europäischen Nato-Staaten und Kanadas für Verteidigung mit einer Rekordquote von knapp elf Prozent auf 390 Milliarden Euro, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei der Vorstellung seines Jahresberichts 2023 in Brüssel. Stoltenberg rief die Verbündeten dazu auf, ihre Anstrengungen fortzusetzen. Deutschland lag mit einem Zuwachs von knapp zehn Prozent leicht unter dem Durchschnitt der Steigerungsraten. Die USA erhöhten ihre Aufwendungen zwar nur um 3,5 Prozent – mit Gesamtausgaben für den Verteidigungsbereich von umgerechnet 800 Milliarden Euro gaben sie aber gut doppelt so viel für ihr Militär aus wie alle anderen Nato-Staaten zusammen.

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    Die Daten zeigen allerdings ein deutliches Gefälle: Spitzenreiter Polen gab zuletzt 3,9 Prozent seines Bruttosozialprodukts für Verteidigung aus, gefolgt von den USA (3,24 Prozent), Griechenland (3,05 Prozent) und Estland (2,8 Prozent). Das Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftskraft übertrafen auch Finnland, Lettland, Litauen, Ungarn, die Slowakei und Großbritannien, knapp erreichte Dänemark die Vorgabe. Auf der anderen Seite ist Luxemburg Schlusslicht mit Verteidigungsaufwendungen von nur 1 Prozent seines Bruttosozialprodukts, gefolgt von Belgien mit 1,21 Prozent und Spanien mit 1,24 Prozent. Sehr deutlich zurücklagen auch Italien, Portugal, Slowenien – und Kanada.

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    NATO in Gefahr? Donald Trumps Drohung läuft ins Leere

    Drohen ihnen nun gefährliche Konsequenzen, wenn Donald Trump wieder US-Präsident werden sollte? Trump hatte jüngst angekündigt, er würde Verbündeten mit zu wenig eigenen Anstrengungen bei einem russischen Angriff nicht helfen – und vielmehr Russland dazu „ermutigen zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen“. Doch die Nato-Bilanz zeigt, dass diese Drohung aus geografischen Gründen ins Leere läuft. Bevor die Staaten mit den größten Versäumnissen in Süd- und Westeuropa von Russland attackiert würden, hätte die Nato mit den USA an der Spitze längst die Verteidigung Mittel- und Osteuropas beginnen müssen.

    Der frühere US-Präsident Donald Trump droht Nato-Staaten, die zu wenig eigene Anstrengungen zur Verteidigung unternehmen, mit dem Verlust der amerikanischen Schutzzusagen.
    Der frühere US-Präsident Donald Trump droht Nato-Staaten, die zu wenig eigene Anstrengungen zur Verteidigung unternehmen, mit dem Verlust der amerikanischen Schutzzusagen. © Mike Stewart/AP/dpa | Unbekannt

    Deutschland verfehlte zwar das Zwei-Prozent-Ziel, das die Nato-Staaten 2014 verabredet hatten, voriges Jahr mit 1,66 Prozent noch deutlich. Doch hat die Bundesregierung für dieses Jahr Ausgaben von über 70 Milliarden Euro gemeldet, mit denen die Vorgabe erstmals knapp erreicht wird. Insgesamt werden nach Nato-Angaben im laufenden Jahr 18 Staaten das Zwei-Prozent-Ziel erreichen.

    Allein die europäischen Nato-Staaten hätten Ausgaben von 430 Milliarden Euro geplant, sagte Stoltenberg. Doch das genügt ihm noch nicht: „Die Verbündeten müssen mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben, wenn sie bestehende Defizite beheben und den Anforderungen einer umkämpften Sicherheitsordnung gerecht werden wollen“, schrieb der Nato-Chef in dem Jahresbericht.

    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei der Vorstellung des Jahresberichtes für 2023.
    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei der Vorstellung des Jahresberichtes für 2023. © AFP | Kenzo Tribouillard

    Stoltenberg mahnte die Bündnisstaaten eindringlich zu mehr militärischer Unterstützung für die : „Den Ukrainern geht nicht der Mut aus. Es geht ihnen die Munition aus“. Alle Verbündeten müssten „tief in die Tasche greifen und schnell liefern“, forderte der Nato-Chef.