Weimar/Bad Berka. Der Bundesgesundheitsminister ist in Thüringen auf Tour. Die Werbung in eigener Sache soll auch der Landes-CDU helfen.

Jena, Seelingstädt, Schleiz, Suhl, Arnstadt, Weimar, Bad Berka – der Terminkalender von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist voll. Seit Montag ist der 38-Jährige in Thüringen unterwegs – immer in Begleitung von Landeskollegen seiner Partei, die die Unterstützung im Landtagswahlkampf gern in Anspruch nehmen. In medizinischen Zentren und Kliniken verteidigt Spahn seine Gesetzes- und Reformpläne und hört sich Sorgen über Ärzte- und Pflegermangel, steigende Kosten für pflegende Angehörige oder Wartezeiten auf Arzttermine an.

Annette Rommel und Thomas Schröter vom KV-Vorstand sprachen mit Spahn über die Notfallversorgung.
Annette Rommel und Thomas Schröter vom KV-Vorstand sprachen mit Spahn über die Notfallversorgung. © Hanno Müller

Im Berufsbildungswerk in Seelingstädt geht es um die generalisierte Ausbildung von Pflegern, die in Thüringen aber zum Leidwesen des Ministers noch auf sich warten lässt. Bei der Kassenärztlichen Vereinigung um die Zusammenarbeit von ambulanter und stationärer Notfallversorgung, die Spahn mit den Worten lobt, wären alle so weit wie Thüringen, müsste er nicht so viel erzwingen. Protestierenden Pflegekräften in der Zentralklinik Bad Berka verspricht er bessere Bezahlung und Wertschätzung des Berufes.

Vor allem aber beantwortet er die Fragen von Ärzten, Pflegern, Psychotherapeuten, Apothekern und Funktionären. Hier eine Auswahl der Themen:

Braucht Deutschland Pflegekräfte aus dem Ausland?

Laut Spahn gibt es 80.000 unbesetzte Pflegestellen. Die vor 18 Jahren nicht geboren wurden, könnten heute nicht ausgebildet werden, nur mit Landsleuten sei der Bedarf nicht zu decken. Den Vorwurf, es würden Billigkräfte geholt, versucht Spahn mit dem Hinweis zu entkräften, dass ausländische Pflegekräfte sich aussuchen könnten, wohin sie gehen. „Ohne gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen kommt niemand zu uns“, so der Minister.

Die Vergütung für Klinikpfleger benachteiligt andere. Was tun Sie?

Spahn verteidigt die Selbstkostendeckung für Pflegekräfte in Kliniken. Wegen der Unterfinanzierung durch zu geringe Investitionsmittel der Länder hätten viele Häuser an der Pflege gespart. Die Korrektur dürfe aber nicht zur Abwerbung von Pflegern aus ambulanter und Altenpflege führen. „Die Decke ist überall zu kurz. Alle Bereiche müssen gestärkt werden“, verspricht der Minister. Dabei denke er auch an die Reha-Kliniken.

Wie wollen Sie absichern, dass jeder seine Pflege bezahlen kann?

Er halte nichts von einer Pflege-Vollversicherung. Über die Balance zwischen Versicherung und Eigenanteil müsse aber angesichts steigender Kosten neu nachgedacht werden. Alternativ könnten Pflegende künftig einen festen Betrag aufbringen und alle Kosten darüber von den Versicherungen bezahlt werden. Derzeit sei es umgekehrt. In Deutschland könne sich aber jeder eine Pflege leisten.

Was bringt die Digitalisierung?

Laut Spahn sammeln Google, Facebook und Amazon sowie chinesische Staatskonzerne schon heute ungeniert Daten von Nutzern und setzen sie auch ein. „Ich will, dass wir denen nicht das Feld überlassen, sondern selbst innovative Ideen auf der Grundlage unser hohen Sicherheitsstandards entwickeln und einsetzen“, so der Minister. Ärzte und Psychotherapeuten sollten sich beteiligen, auch wenn noch nicht alles perfekt ist. Schritt für Schritt lerne man so dazu. Online-Sprechstunden könnten die Praxen entlasten, denn bei vielen Arztkontakten gehe es um einfache Rückfragen. Über die Vergütung werde mit den Kassen verhandelt.

Haben wir zu viele Kliniken?

Laut Spahn gibt es in ländlichen Regionen keineswegs zu viele Kliniken, anders sei es in großen Ballungsräumen wie Essen. Falsche Vergütungsanreize sowie der Kostendruck würden aber dazu verleiten, mehr zu operieren als notwendig. Er setze sich dafür ein, dass auch die Basisversorgung in kleineren Häusern auskömmlich bezahlt wird.

Wie schützen Sie Apotheken vor der Online-Konkurrenz?

Apotheken sind wichtig für die medizinische Versorgung, vor allem auf dem Land, sagt Spahn. Perspektivisch setzt er dabei auch auf digitale Rezepte, kurz eRezept. Patienten könnten sie online einreichen, die Apotheken Medikamente in kurzer Zeit liefern. Wie sie das organisieren, bleibe ihnen überlassen. „Seien sie besser als die Online-Anbieter, dann macht ihnen niemand ihren Platz streitig“, so Spahn.