Erfurt. Die Zahl der Einreisen nach Thüringen ist im vergangenen Jahr erneut deutlich gesunken – gleichzeitig gab es auch weniger Abschiebungen.

Die Zahl der eingereisten Flüchtlinge in Thüringen ist im vergangenen Jahr erneut deutlich gesunken. Nach Angaben des Migrationsministeriums in Erfurt kamen 2288 Menschen ins Land. Dies war etwa ein Drittel weniger als 2019 – und so wenige wie nie seit Beginn der Flüchtlingsbewegung im Jahr 2014. Auf ihrem Höhepunkt 2015 hatten knapp 30.000 Menschen in Thüringen einen Asylantrag gestellt.

Zentrale Ursache für den aktuellen Rückgang ist die Pandemie, wegen der viele Grenzen geschlossen wurden. Gleichzeitig blockierte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CDU) das im Sommer beschlossene Aufnahmeprogramm Thüringens, mit dem 500 Migranten aus den griechischen Lagern ins Land geholt werden sollten.

Die Landesregierung bekräftigte ihre Bereitschaft, mehr Menschen eine Zuflucht zu bieten. "Wir haben 2020 mehr als 100 Menschen aus griechischen Lagern aufgenommen", sagte Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) dieser Zeitung, "aber wir wollen noch mehr aufnehmen." Die Werte der Europäischen Union verpflichteten das Land dazu.

Auch 2020 kamen die meisten Menschen aus Syrien nach Thüringen (1218). Zu den anderen wichtigsten Herkunftsländern gehörten wieder Afghanistan (448), Irak (368), die Türkei (194) und Libyen (137). Gleichzeitig sank die Zahl der Abschiebungen. Bis Ende Oktober waren nur 197 Menschen unter Zwang ausgereist. Mehr als doppelt so viele Abschiebungen (403) wurden abgebrochen. Auch die Zahl der freiwilligen Ausreisen ging rapide zurück.

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Auch bundesweit ging die Zahl der Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr um 28 Prozent zurück. Wie zuletzt das Bundesinnenministerium mitteilte, stellten im vergangenen Jahr 102.581 Ausländer erstmals ein Asylantrag in Deutschland – ein Viertel davon betraf in Deutschland geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr. 2019 waren noch 142.509 Anträge eingegangen.

Renovierungsbedarf in Unterkünften und fehlende Wohnungen angemahnt

Adams mahnte mehr Gelder vom Land an. "Trotz der sinkenden Zahl der Asylsuchenden müssen wir in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Suhl und in den Unterkünften der Landkreise dringend investieren", sagte er. So seien vor allem die Gemeinschaftsunterkünfte in den Landkreisen "dringend renovierungsbedürftig."

Adams verwies zudem darauf, dass trotz der stark gesunkenen Flüchtlingszahlen die meisten Einzelunterkünfte in den Kommunen belegt seien. Das liege unter anderem daran, dass vielerorts die Menschen auch nach der Anerkennung ihres Status nicht ausziehen können, weil nicht genügend Sozialwohnungen zur Verfügung stünden. Das Land müsse mehr Wohnungen für Asylsuchende bereitstellen.