Jena. Deutliche beziehungsweise dramatische Verluste für SPD, Linke und CDU, ein satter Sprung nach vorne für die AfD, aber der Sieger der Europawahl in Jena sind die Bündnisgrünen: Mit stolzen 20,4 Prozent konnte die Partei ihr Ergebnis von 2014 um 7,6 Prozentpunkte verbessern.

Die Bündnisgrünen hatten im Grünowski allen Grund zum Feiern. Die Forderungen der Bewegung „FridaysForFuture“ dürfte damit endgültig in den Köpfen der Kommunalpolitiker angekommen sein. Die Wahlbeteiligung lag bei beachtlichen 65 Prozent. „Wir haben immer gesagt, dass die Wahl eine Klimawahl wird. Genau das ist eingetreten“, sagte die Sprecherin des grünen Kreisvorstandes, Christine Schickert. Für die neue Fraktion im Stadtrat leitete Schickert daraus Handlungsaufträge ab, Klimaschutz und Umweltpolitik müssten sich noch deutlicher in der Lokalpolitik widerspiegeln. „Mit der Europawahl können wir nicht zufrieden sein“, sagte der Vorsitzende der CDU, Guntram Wothly. „Wir benötigen dringend ein stärkeres Profil in der Klimapolitik.“ Wothly betonte abermals, dass der Wachstumskurs der Stadt nicht mit der Brechstange erfolgen dürfe.

So hat Ihr Nachbar gewählt: Interaktive Karte zur Europawahl 2019 in Thüringen

Sonntag, 18 Uhr, vor dem Wahllokal für die Stimmbezirke 2 und 4 („Angerküche“ in der Saalbahnhofstraße): Die Wartezeiten betrugen bis zu 45 Minuten. Die Wähler zeigten größtenteils Verständnis. Vor einem aufgerichteten Tisch (Bildmitte) konnten sich Wähler vorab mit den Stimmzetteln vertraut machen. Dennoch brauchte das Wählen viel Zeit. Foto: Thomas Beier
Sonntag, 18 Uhr, vor dem Wahllokal für die Stimmbezirke 2 und 4 („Angerküche“ in der Saalbahnhofstraße): Die Wartezeiten betrugen bis zu 45 Minuten. Die Wähler zeigten größtenteils Verständnis. Vor einem aufgerichteten Tisch (Bildmitte) konnten sich Wähler vorab mit den Stimmzetteln vertraut machen. Dennoch brauchte das Wählen viel Zeit. Foto: Thomas Beier © zgt

Auch Jenas SPD-Chef Lutz Liebscher räumte ein, dass das Ergebnis der Europawahl aus Jenaer Sicht deutlich hinter den Erwartungen liege. „Klima- und Umweltpolitik haben den Ausschlag gegeben. Das sind auch unsere Themen, aber damit sind wir offenbar nicht gehört worden.“

Ein schlechteres Ergebnis als erwartet hätten Jenas Linke eingefahren, sagte deren Vorsitzender Jens Thomas. „Das Ergebnis hat uns überrascht.“ Die Frage nach den Gründen konnte er nicht beantworten. „Dafür ist es zu früh.“ Das Abschneiden der Liberalen in Jena könne sich sehen lassen, sagte der Vorsitzender der FDP, Patrick Frisch. Das Ergebnis liege über dem Landes- und Bundesergebnis. „Wir hatten uns etwas mehr erhofft, sind aber zufrieden“, sagte Denny Denny Jankowski für die AfD.

Dass Europa mehr in den Fokus der Jenaer rückte, hing auch mit globalen Themen wie dem Klimaschutz zusammen und lokalen Bewegungen wie „Fridays ForFuture“, die zunehmend die Umweltpolitik vor Ort kritisierten. So forderte die Ortsgruppe von „FridaysForFuture“ die Ausrufung des Klimanotstandes in Jena, womit politische Entscheidungen unter einem Klimavorbehalt getroffen werden. Zudem will sie gemeinsam mit den Jenaer „ParentsFor Future“- und „ScientistsForFuture“-Ortsgruppen einen „Runden Tisch Klima“ einberufen, der verbindliche Ziele zur Einhaltung der Pariser Klimaabkommens erarbeiten und sich aus Vertretern zivilgesellschaftlicher Initiativen zusammensetzen soll. OB Thomas Nitzsche (FDP) zeigte sich am Sonntag auf Anfrage unserer Zeitung grundsätzlich gesprächsbereit. „Dass ich von den Ortsgruppen für den 12. Juni eingeladen wurde, habe ich allerdings aus der Zeitung erfahren. Ich wünsche mir konkrete Ansprechpartner, um die Forderungen im Detail zu besprechen. Am 12. Juni jedenfalls habe ich leider keine Zeit“, sagte Nitzsche. Mit Blick auf den Klimanotstand müsse man sich sehr konkret über die Folgen unterhalten. „Purer Aktionismus, davon halte ich nichts.“

Die ersten, die ihre Ergebnisse für die Europawahl meldeten, waren die Wahlvorstände in Krippendorf und Lützeroda. Etwa eine halbe Stunde nach Schließung der Lokale waren die Stimmen ausgezählt. Das Zentrum wählte Grün, die AfD war an den Rändern erfolgreich, die SPD konnte nur im Bezirk 48 (Gemeinschaftsschule Galileo) eine Stimmenmehrheit holen.

Bei den Stadtratswahlen lagen bei Redaktionsschluss (45 von 114 Stimmbezirken) die Linken mit 19,8 Prozent und die Grünen mit 18,1 Prozent vorne. Es folgten CDU (12,6%),FDP (12,5%), AfD (12,3%) SPD (12,3%), Bürger für Jena (7,3%), Freie Wähler (3,7%) und die Guten (1,3%).

Das könnte Sie auch interessieren:

Liveticker zur Wahl: Herbe Verluste für CDU, SPD und Linke in Thüringen, AfD verdreifacht Ergebnis

Lesen Sie hier alles zu den Wahlen in Thüringen