Welche Fragen bewegen junge Menschen in Thüringen? Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs Bundestagsparteien antworten.

Leona Bruns, 24, Studentin aus Weimar, hat sich während der Corona-Pandemie von der Politik vernachlässigt gefühlt. Wir haben die Spitzenkandidierenden gefragt, was sie jungen Menschen, denen es ähnlich geht, sagen würden.

Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen)

Ich kann das gut verstehen. Viele haben gemerkt: Wir stehen überhaupt nicht im Mittelpunkt. Ich habe im Bundestag nicht nur einmal gesagt, dass es für mich dramatisch ist, dass weder die Bildungsministerin noch die Familienministerin im Corona-Kernkabinett waren. Was die Regierung falsch gemacht hat, muss dringend geändert werden. Angefangen mit einem Neustart beim Bafög bis hin zur Frage, wie das mit der Lehre in Zukunft aussieht. Was ist mit Präsenz oder digitaler Lehre? Wie wohnen Studis und wie sind unsere Hochschulen ausgestattet?

Was wären Ihre Maßnahmen zum Semesterstart im Oktober?

Grundsätzlich muss das Bafög reformiert und erhöht werden, sodass man wirklich elternunabhängig studieren kann. Wir brauchen zudem wieder Präsenz-Semester. Dazu benötigen wir einen hohen Schutz und die 3G-Regeln (Anm. der Redaktion: Hier erfahrt ihr mehr zu den 3G-Regeln). Impfen ist für Studierende möglich, anders als für unter 12-jährige Kinder. Da muss man auch fragen, ob an der Universität alles gesichert ist: Hängen da Luftfilter? Sind die Lehrenden geimpft oder getestet?

Susanne Hennig-Wellsow (Die Linke)

Studierende sind zum großen Teil vergessen worden. Wir in Thüringen haben in der Landespolitik anders reagiert als im Bund. Wir haben Darlehen zur Verfügung gestellt für Studierende.

Gleichzeitig ist es extrem schwierig, ein Studium zu führen, was ausschließlich digital ist. Das hat mit Wohnbedingungen und der Studierendenkultur zu tun. Dazu kommt, dass Studierende nicht frühzeitig geimpft worden sind, immerhin sind die unsere Zukunft und unsere Fachkräfte. Sie haben ein gleiches Anrecht, schnell geimpft zu werden.

Was wäre Ihr Vorschlag für den Semesterstart im Herbst?

Ich kann derzeit nicht einschätzen, inwieweit Studierende durchgeimpft sind. Ich finde es gut, wenn Hochschulen mit den Gesundheitsämtern und Ärzten vor Ort Impfkampagnen anbieten. Wir müssen außerdem dringend das Bafög reformieren.

Es braucht eine deutliche elternunabhängige Erhöhung, um Studierende, die während der Corona-Zeit ihren Job verloren haben, abzusichern. Wir müssen ein soziales Fundament für Studierende schaffen.

Gerald Ullrich (FDP)

Die Politik hat in dieser Pandemie große Fehler gemacht. Der Hauptfehler der Politik war, nicht abzuwägen, sich verschiedene Seiten anzuhören und dann eine Entscheidung daraus zu treffen. Die Regierung hat aber nur auf eine einzige Seite gehört.

Das fand ich falsch. Der Mensch ist nicht dafür gedacht, soziale Kontakte einzuschränken. Das hat sich auf den Menschen insgesamt ausgewirkt. Der Mensch ist ein Herdentier. Nur sehr wenige können als Eremit leben und deswegen brauchen wir soziale Kontakte. Es ist vom Grund auf falsch, diese sozialen Kontakte unter allen Umständen zu untersagen.

Haben Sie einen Vorschlag, was man bei den Schulen hätte anders machen sollen?

Kinder müssen in die Schule. Da führt kein Weg dran vorbei. Es standen ja 500 Millionen für Lüftungskonzepte in Schulen bereit, die gar nicht umgesetzt werden konnten (Anm. der Redaktion: Ullrich bezieht sich auf ein Förderprogramm der Bundesregierung. Dazu erfahrt ihr hier mehr).

Da hätte man mehr tun müssen, dass der Schulbetrieb als Präsenzunterricht ermöglicht wird. Ich hätte den Schulbetrieb länger aufrecht erhalten, auch mit gewissen Risiken.

Stephan Brandner (AfD)

Es war unendlich viel Politik in der letzten Zeit – aus meiner Sicht grottenfalsche Politik – was die Mehrheit im Bundestag gemacht hat. Insbesondere die Änderungen am Infektionsschutzgesetz, die sogenannten Bevölkerungsschutzgesetze. Keiner konnte damit rechnen, dass die Universitäten geschlossen werden, dass inzwischen drei Semester ins Land gegangen sind, ohne wichtige soziale Kontakte für die Studenten.

Das ist eine Politik, die wir als AfD nicht mit vertreten haben. Wir waren immer gegen den Lockdown. Wir waren die ersten, die im März 2020 davor gewarnt haben: „Da kommt eine schlimme Krankheit aus Fernost, macht was!“ Das war eine falsche Politik über 18 Monate, aber wir haben unser Bestes gegeben als AfD. (Anm. der Redaktion: Die AfD änderte ihre Corona-Strategie mehrmals während der Corona-Pandemie und suchte nach einem Weg, um diese parteipolitisch bestmöglich auszunutzen. Hier erfahrt ihr mehr).

Was würden Sie anders machen, wenn im Herbst das neue Semester startet?

Ich als AfD-Politiker würde nichts anders machen. Nur ist unsere Politik nicht mehrheitlich angenommen worden. Was ich allen Menschen, die sich draußen aufregen, sagen würde: „Macht doch selber was, wehrt euch! Geht auf die Straßen, demonstriert, macht euren Mund auf! Sagt, wir lassen uns nicht einsperren, anderthalb Jahre. Wir wollen an die Universitäten.“

Wie viele Revolutionen gingen schon von Universitäten aus. Also nicht sagen, „Ihr Politiker, macht mal“, sondern selber machen, nicht nur rumnörgeln, sondern handeln.

Carsten Schneider (SPD)

Vielen Dank dafür, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse zurück genommen haben zum Schutz von älteren Menschen.

Denn jüngere Leute sind zwar Krankheitsüberträger, aber die Wahrscheinlichkeit ist geringer, an der Krankheit zu versterben. Daher war das ein großer solidarischer Akt, den Schüler und Studierende geleistet haben.

Ist mit neuen Schul- und Unischließungen zu rechnen?

Ich bin dafür, dass wir die öffentlichen Dienstleistungen in Deutschland aufrecht erhalten. Die Universitäten müssen offen bleiben und müssen in Präsenz stattfinden können.

Es muss eine Impfung, Genesung oder Testung gegeben sein. Die Schulen sollten solange wie möglich offen bleiben und es sollte nur eingeschränkte Quarantäne-Regelungen geben. Es gilt mein Appell: Das Einzige, was gegen die Krankheit hilft, ist die Impfung.

Christian Hirte (CDU)

Die Corona-Pandemie war für die gesamte Gesellschaft eine riesige Herausforderung. Die jungen Leute hat das noch stärker belastet als die älteren, weil die Jüngeren in ihrer Lebensplanung viel stärker eingeschränkt waren.

Der große Unterschied ist in diesem Herbst, dass wir die Impfmöglichkeit haben. Jeder, der will, kann geimpft sein. Einen Lockdown wie im letzten Jahr brauchen wir nicht mehr. Die gefährdeten Gruppen sind mit einer hohen Quote geimpft. Die Wahrscheinlichkeit, dass man schwer krank wird oder sogar stirbt, ist jetzt sehr niedrig. Junge Menschen sollten nicht noch einmal beeinträchtigt werden.

Mit Ihnen wird es keine neuen Schulschließungen geben?

Das ist das Letzte, was wir machen sollten. Weil die Politik die notwendigen Dinge auf den Weg gebracht hat. Wir haben die gefährdeteren Gruppen geimpft. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, dass wir Kinder testen können. Wir als CDU fordern weiterhin, dass kostenlose Tests in den Schulen stattfinden. Dass man das Umfeld der Kinder schützt. Schulschließungen müssen auf jeden Fall verhindert werden!

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