Bernd Jentsch über Sorgen um die Thüringer Bratwurst.

Müssen sich die Thüringer um die Bratwurst auf ihrem Rost zum Feierabend oder am Wochenende künftig ernsthaft Sorgen machen? Glaubt man Unternehmern der Ernährungswirtschaft im Freistaat und der Industrie- und Handelskammer Südthüringen, droht dieses Szenario ab dem kommenden Frühjahr.

Die Bundesregierung nimmt die massiven Corona-Ausbrüche in großen Schlachthöfen in Deutschland zum Anlass, neue gesetzliche Regelungen zum Arbeitsschutz in der Branche einzuführen. Man müsse auf die Praxis der Sub-Sub-Unternehmen und der Massenunterkünfte für ausländische Beschäftigte reagieren, so die Begründung. Allerdings hat der Gesetzgeber über Jahre hinweg dieser Entwicklung in der Branche tatenlos zugesehen. Jetzt, so befürchten Thüringens Mittelständler, reagiert man hektisch und populistisch und schießt dabei übers Ziel hinaus.

Das Instrument der Werkverträge – mit unklaren Zuständigkeiten und Verantwortungen für die Beschäftigten – sieht auch die Thüringer Wirtschaft als Fehlentwicklung und kann sich deren Verbot in der Fleischindustrie durchaus vorstellen. Dagegen geht den Unternehmern ein generelles Verbot der Beschäftigung von Zeitarbeitern in Betrieben ab 49 Beschäftigten deutlich zu weit. Hier werde man der Flexibilität beraubt, die man dringend benötige, um auf saisonal steigende Nachfrage nach Würsten, Bräteln oder Fleischspießen reagieren zu können.

Der von Gewerkschaftern erhobene Vorwurf von „Wild-West-Manieren“ in der Branche auch in Thüringen stößt bei Unternehmern, Politikern und Verbraucherschützern auf Unverständnis. Nicht nur, weil in Thüringen große Schlachthöfe und Massenunterkünfte gar nicht existieren.

Auch der Mangel an Fachkräften, der schon vor der Corona-Krise Kopfzerbrechen bereitete, sorgt dafür, dass man Beschäftigten gute Bedingungen schafft, um sie im Unternehmen zu halten. Sie sind der Garant dafür, dass der Rost in Thüringen auch im kommenden Sommer glüht.

Wirtschaft sieht Thüringer Bratwurst bedroht