Martin Debes über die Corona-Lockerungen in Thüringen.

Aus politischer Sicht schien es die vergangenen Tage fast so, als sei der Winter nach Thüringen zurückgekehrt. So wie im traurigen Monat Februar reisten die Teams der großen Fernsehsender gen Erfurt, um darüber zu berichten, was sich hier mal wieder an absonderlichen Dingen zutrug.

Mit seiner Ankündigung, die Corona-Verbote auf der Ebene des Landes abschaffen zu wollen, um sie bei lokalen Ausbrüchen wieder in den Kreisen und Kommunen einzuführen, hatte Bodo Ramelow freihändig die nächste nationale Pandemie-Großdebatte ausgelöst. Ausgerechnet der linke, bisher so zaudernd erscheinende Ministerpräsident wolle alle Vorsicht fahren lassen, hieß es allüberall.

Natürlich ist dem nicht so. Denn das, was das Kabinett am Dienstag beriet, wenn auch noch nicht beschloss, ist ja in großen Teilen das, was Ramelow vorgeschlagen hatte – und klingt vernünftig. Der Krisenstab im Innenministerium wird aufgelöst, das Kontaktverbot könnte gelockert werden, die Schulen sollen so bald wie möglich in den Regelbetrieb finden.

Was jedoch ausdrücklich und völlig zu Recht bestehen bleiben soll, sind die Mindestabstandsregel und die teilweise Maskenpflicht. Dass Ramelow selbst diese beiden zentralen und eher unproblematischen Vorgaben zur Disposition stellte, hatte ja erst zu der öffentlichen Verwirrung und medialen Aufregung geführt.

Mit seinem einsamen, strategisch begründbaren Versuch, das ihm unter anderem von der AfD angeklebte Image des Verbotsregenten abzustreifen, hatte sich der Ministerpräsident verstolpert, wenn auch in die richtige Richtung. Dass er dies traditionell nicht einsehen möchte, ändert daran nichts.

Die Pandemie bleibt mit all ihren Gefahren, Folgen und Kollateralschäden auch nach der ersten Welle eine hochkomplexe, nicht mit einfachen Ansagen zu lösende Aufgabe. Ramelow formulierte nach dem Kabinett diesen richtigen Satz: „Wer die Angst bekämpfen will, muss Sicherheit geben.“ Er selbst hatte sich – zumindest diesmal – nicht daran gehalten.