Erfurt. Die Zahl der Windräder in Thüringen steigt. Aber das Tempo stimmt noch nicht. Ein Gesetzentwurf soll das ändern. So will das Umweltministerium Windräder für Kommunen attraktiver machen.

Kommunen in Thüringen könnte künftig ein Viertel des Gewinns aus Windkraftanlagen auf ihrem Gebiet gesetzlich zustehen. „Die Akzeptanz neuer Windenergieanlagen steigt, wenn die jeweiligen Kommunen am Ertrag beteiligt werden“, sagte die scheidende Umweltministerin Anja Siegesmund der Deutschen Presse-Agentur. Bisher konnten die Projektierer freiwillig der Kommune einen finanziellen Anteil zukommen lassen. Künftig sollte das mit einem festen Satz von 25 Prozent verbindlich geregelt sein.

Ein entsprechender Gesetzentwurf sei im Umweltministerium in Arbeit, sagte Siegesmund. Dem Kabinett und dem Landtag vorlegen müsse das Windbeteiligungsgesetz ihr Nachfolger Bernhard Stengele. Siegesmund scheidet Ende Januar nach mehr als acht Jahren als Umweltministerin aus persönlichen Gründen aus dem Amt aus. Sie will sich eine familiäre Auszeit nehmen und dann beruflich neu starten. Sie habe dafür verschiedene Angebote, sagte Siegesmund.

Fonds für Bürgerenergiegenossenschaften aufgelegt

Auch in Bürgerenergiegenossenschaften sieht sie einen Weg, um Windenergie für viele Menschen attraktiver zu machen und dadurch ihren Ausbau zu beschleunigen. „Wir haben einen Fonds dafür aufgelegt und Mitte Januar freigeschaltet.“ Es stünden in diesem Jahr 2,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Finanziell unterstützt würden dezentrale und regionale Projekte mit einem Zuschuss für die Planungs- und Startphase. „Wir haben bereits rund 30 kleinere Bürgerenergiegenossenschaften in Thüringen.“ Dabei gehe es um die Nutzung von Wind, Solar oder Biomasse, aber auch Solarthermie sowie mehr Energieeffizienz.

Nach der Verfassungsgerichtsentscheidung, wonach Windräder im Wald in Thüringen nicht mehr tabu sein dürfen, erwartet Siegesmund, dass die regionalen Planungsgemeinschaften auch Kahlflächen in den Wäldern für Windanlagen vorsehen. „Der Zubau von Windenergie steht und fällt mit den ausgewiesenen Flächen.“ Derzeit seien die Genehmigungsverfahren noch viel zu lang in Thüringen – Siegesmund sprach von sieben bis acht Jahren.

Sie verwies auf die Vorgabe des Bundes, wonach Thüringen in etwa einem Jahrzehnt insgesamt 2,2 Prozent der Landesfläche für Windräder ausweisen müsse. „Sonst gibt der Bund die Flächen frei. Und dann haben wir vielleicht den Wildwuchs, den die CDU immer befürchtet“, sagte die Grünen-Politikerin.

Thüringen muss etwa Hälfte des Energiebedarfs teuer zukaufen

Trotz der Probleme und der jahrelangen Debatten über das Für und Wider von Windrädern im Wald sei die Zahl der Windräder in ihrer Amtszeit seit 2015 um etwa ein Fünftel auf derzeit 865 gestiegen. Im vergangenen Jahr seien netto 21 dazugekommen – dabei seien abgebaute oder durch leistungsfähigere Anlagen ersetzte Standorte bereits berücksichtigt. „Die Ausbaukurve geht nach oben, aber es reicht noch nicht.“

Noch müsse Thüringen etwa die Hälfte seines Energiebedarfs anderswo einkaufen. „Und das ist teuer“, sagte die Ministerin. „Wenn wir einen starken Wirtschaftsstandort Thüringen wollen, kommen wir an einem schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vorbei.“ Das sehe auch die Wirtschaft so. Im Umweltministeriums gebe es eine Liste mit etwa 30 Firmen, die zur Eigenversorgung Windräder bauen wollten und sogenannte atypische Genehmigungsverfahren beantragten.

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