Eisenberg. Nicht nur die Geschäftsführer der Thüringer Awo-Tochter AJS gGmbH bezogen bis 2020 völlig überzogene Gehälter, sondern auch der Chef eines Awo-Kreisverbandes. Das ist nun Geschichte.

Der Landesverband der Thüringer Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat das im Oktober 2020 eröffnete Aufsichtsverfahren gegen den Awo-Kreisverband Saale-Holzland abgeschlossen. Es war das erste in der Geschichte des Landesverbandes, das er gegen eine untergeordnete Gliederung einleiten musste.

Gründe dafür gab es gleich zwei: Zum einen war festgestellt worden, dass das Gehalt von Kreisverbandschefs Ralf Batz mit rund 220.000 Euro im Jahr für einen Verband dieser Größenordnung deutlich zu hoch war. Allenfalls ein Awo-Manager, der unternehmerische und verbandliche Spitzenpositionen bekleidet und 15.000 Mitarbeiter hat, habe Anspruch auf ein Jahresgehalt von mehr als 200.000 Euro, hieß es damals vonseiten des Awo-Bundesverbandes. Der Awo-Kreisverband Saale-Holzland zählt aber nur etwa 500 Mitarbeiter. „Gemessen an der Größe des Kreisverbandes im innerverbandlichen Vergleich wäre die Vergütung in diesem Fall mehr als doppelt so hoch wie nach unseren Richtlinien im Normalfall als angemessen erachtet wird“, hieß es.

Geschäftsführerverträge wurden geprüft

Aufgefallen war das überzogene Gehalt erst, nachdem der Awo-Landesausschuss im Juli 2020 beschlossen hatte, die Geschäftsführerverträge aller untergeordneten Gliederungen zu prüfen. Dabei bemerkte die damit beauftragte externe Kanzlei aber noch einen zweiten gravierenden Verstoß: Dem Vorstand des Kreisverbandes, der Batz‘ Vertrag abgesegnet hatte, gehörten zwei für ihre Tätigkeit beim Kreisverband bezahlte Mitglieder an. Einer von beiden, Schatzmeister Hans-Peter Perschke, stand als geringfügig Beschäftigter mit einem monatlichen Brutto-Gehalt von 700 Euro in den Diensten der Awo Saale-Holzland, der andere erhielt als Berater seit Jahren ein monatliches Honorar von 3250 Euro. Damit bestand für ihn zwar kein Beschäftigungsverhältnis, als Zahlungsempfänger befand er sich aber dennoch in einem Interessenskonflikt, wenn er Batz‘ Geschäftsführervertrag unterzeichnen sollte.

2021 schieden die beiden Mitglieder aus Gremium aus

Der Aufforderung, sofort zurückzutreten und den Weg für eine Vorstandsneuwahl freizumachen, kamen beide Vorstände trotzdem nicht nach. Auf Druck von Awo-Bundes- und -Landesspitze korrigierten sie zwar Batz‘ Gehalt nach unten – die Rede ist jetzt von 115.000 Euro im Jahr. Was die Unvereinbarkeit von Tätigkeiten für den Kreisverband und im ehrenamtlichen Vorstand betrifft, blieben sie aber uneinsichtig. Pikant dabei: Perschke ist auch SPD-Kreisvorsitzender im Saale-Holzland, was ihn aber nicht daran hinderte, sich von den Forderungen von Awo-Landesvorsitzender Petra Rottschalk und Awo-Landesgeschäftsführerin Katja Glybowskaja, beide ebenfalls SPD, völlig unbeeindruckt zu zeigen.

Erst im Oktober 2021, als nach langen, auch pandemiebedingten Verzögerungen ein neuer Kreisvorstand gewählt wurde, schieden die beiden Mitglieder aus dem Gremium aus. Allerdings nicht ohne sich weiter öffentlich darüber zu empören, dass ihr rund 30-jähriges Engagement für die Awo „mit Füßen getreten“ worden sei.

Alle Beanstandungen wurden „bereinigt“

Die neu gewählten Gremien des Kreisverbandes hätten alle Beanstandungen „bereinigt“, teilt nun der Landesverband mit, der zudem die „gute und offene Zusammenarbeit“ mit dem neuen Vorstand hervorhebt. Der Kreisverband habe den Governance-Kodex des Awo-Bundesverbandes implementiert, jenes Regelwerk, das unter anderem die Vergütung von Geschäftsführungen regelt. Nun müsse noch die Satzung geändert werden.

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