Altenburg. Aktionstag „Junge Fahrer“ läuft unter dem Motto: Schnell kann alles vorbei sein

Willkommene Abwechslung für die Berufsschüler der Skatstadt. Für den Aktionstag „Junge Fahrer“ erhalten sie einen Tag unterrichtsfrei, dürfen dafür in einem Parcours viel übers Autofahren lernen. Das hilft nicht nur jenen, die in Kürze ihren Führerschein erringen wollen, sondern auch denen, die schon Fahrpraxis gesammelt haben. „Das war schon sehr krass und lehrreich, zu erfahren, wie die Kräfte wirken“, sagt etwa der 28-Jährige Nico. Und sein Kumpel Paul ergänzt: „Da war erstaunlich viel Platz.“ Wenige Sekunden vorher waren sie aus dem Fenster eines Ford Escort aus dem Baujahr 1986 geklettert. Allerdings auf dem Dach liegend.

Unfallverursacher Nummer eins ist Telefon

Der Überschlagssimulator ist gewissermaßen der Höhepunkt der acht Stationen, welche die rund 480 Berufsschüler gestaffelt absolvieren. An zwei Tagen hintereinander bekam erst die Piererschule, dann die Berufsschule für Wirtschaft und Soziales (Wiso) Altenburg Besuch. Henry Porath von der Landesverkehrswacht Erfurt bedient den Simulator und erklärt: „Im wirklichen Leben wäre die Fahrgastzelle auch eingedrückt und daher weniger Platz. Auch splittern die Scheiben im Normalfall und müssen nicht erst herunter gekurbelt werden. Aber es vermittelt einen bleibenden Eindruck.“

Auch für drohende Gefahren werden die Jugendlichen sensibilisiert, damit es erst gar nicht zum Unfall kommt. „Früher waren Alkohol und Drogen die häufigsten Unfallursachen, heute ist es das Smartphone“, sagt Horst Keim am Bremssimulator. Bei ihm setzt man sich hinter das Steuer eines echten Autos, schaut aber nur auf einen Bildschirm, zudem ist am Armaturenbrett eine Handyattrappe befestigt. Während man so eine gemütliche Fahrt durch die Innenstadt simuliert, ertönt plötzlich eine Stimme aus der Freisprechanlage, gibt das Kommando: „Büro anrufen!“ Auf dem Smartphone erscheinen einige Auswahlmöglichkeiten, doch während man auf „Büro“ drücken will, läuft unversehens ein virtueller Passant über die Straße.

Wer da abgelenkt war, überfährt diesen. „Wenn ich bei einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern nur eine Sekunde auf das Telefon schaue, bewege ich mich 14,2 Meter im Blindflug“, sagt Keim. Wenn man das Handy entsperre, was im Normalfall vier Sekunden beanspruche, seien es schon über 56 Meter. Eine Strecke, welche den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten könne. „Das war toll und hat uns am besten gefallen“, sagen Zahra und Narges, die am Beruflichen Gymnasium lernen. Sie haben beide noch keinen Führerschein und konnten bei dem Aktionstag vieles lernen. „Zum Beispiel wussten wir nicht, dass wir beide Probleme mit unserer Sehkraft haben“, sagen sie. In den Überschlagsimulator oder den Gurtschlitten haben sich die zierlichen Damen aber nicht hineingetraut.

Ohne Gurt droht schon bei Tempo 30 der Tod

Den kostenloses Sehtest besorgt Lars Goldermann von der Optikerkette Fielmann. Der Gurtschlitten wird von Reinhard Hünniger überwacht. Dabei wird ein Auffahrunfall bei einer Geschwindigkeit von 45 Stundenkilometern simuliert. „Der Körper kann hier mit bis zum zehnfachen des eigenen Körpergewichtes nach vorne geschleudert werden“, sagt das Mitglied der Verkehrswacht Eisenach, der zugleich Fahrlehrer ist. Darum sei es lebenswichtig, auch im Stadtverkehr stets angeschnallt zu sein. Denn falls dann auch noch der Airbag auslöse und die Kopfstütze zu weit hinten ist, kann es schon ab einer Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern zum Genickbruch und damit zum Tod führen. Zunächst bricht aber die Felge des Gurtschlittens, die damit für den Rest des Tages ausfällt. Azubi Tobias, der kurz zuvor noch in den Genuss gekommen ist, sagte: „Das war überraschend, ich war durch den Aufprall geschockt.“

Unterhaltsamer geht es beim Stand mit der Rauschbrille zu. Durch eine Taucherbrille, die den Effekt von 1,5 Promille Alkoholisierung nachahmen soll, muss ein Parcours abgelaufen werden. Das führt zu großer Heiterkeit unter den außenstehenden Schülern. „Da ist keine blaue Linie“, sagt etwa der 16-jährige Dustin verzweifelt, als er an der Reihe ist. Er steht kurz vor der Anmeldung zum Führerschein, im Herbst geht es los mit dem begleiteten Fahren.

Carolina Burkhardt von der Polizeiinspektion Altenburger Land holt die Jugendlichen dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie stellt die Unfallstatistik des vergangenen Jahres vor, geht insbesondere auf die beiden Unfälle ein, bei denen Jugendliche im Landkreis starben. Hier dürfen die Berufsschüler zudem ihre zahlreichen Fragen stellen, die sich meist um Verkehrskontrollen und Probezeit drehen. „Ziel ist es, junge Erwachsene für die Gefahren und für Verantwortung im Straßenverkehr zu sensibilisieren“, sagt Roland Ackermann, der die Organisation an der Piererschule übernimmt. Die Resonanz war durchweg positiv: „Ich fand es gelungen. Für uns Fahranfänger ist es gut, damit konfrontiert zu werden, dass man sich konzentrieren muss während der Fahrt“, sagt etwa der Papiertechnologe Elias.