Altenburg. Künstler aus Weimar erstellen mit und für Altenburger einen schillernden Cabaret-Abend mit Tiefgang

„Wir wollten eigentlich Musik machen und zeigen, dass wir da sind. Das ist leider ins Wasser gefallen“, sagt Lina Mayer enttäuscht. Die Kostüm- und Bühnenbildnerin der Weimarer Other Music Academy (OMA) harrt trotz des immer wieder einsetzenden Regens auf dem Altenburger Marktplatz aus. Nur wenige Interessierte trauen sich an den Wohnhänger heran. Der wurde kurz zuvor noch von Schülern des Förderzentrums Erich Kästner geschmückt. Wegen der Witterung mussten sie allerdings kurzfristig auf die Brüderkirche ausweichen.

Doch die Stimmung ist gut, beinahe ausgelassen. Auf einen kollegialen Plausch ist Bernhard Stengele vorbeigekommen, der ehemalige Schauspieldirektor des Theaters Altenburg-Gera. Er verwickelt sich in ein umfangreiches Gespräch mit Autor Olav Amende. „Wir laden ein zu einem großen Fest und begeben uns gemeinsam auf die Suche“, umreißt Amende das Vorhaben der OMA. Nach was gesucht wird? Der Titel verrät es nur in Ansätzen: „Der neue Mensch. Ein Fest / Salon“.

Die Besucher sollen zugleich Gäste eines Cabarets, eines Salons, eines Abendessens sowie einer Theaterdarstellung werden. Man blicke zurück auf ein Jahrhundert der Katastrophen, Umbrüche und Neuanfänge. Schon zu Beginn der Weimarer Republik entstand die Suche nach dem neuen Menschen, führt Lina Mayer aus. Nun, 100 Jahre später, seien viele Vorzeichen dieselben wie damals. „Wir beschäftigen uns damit, was die Menschen wünschen“, sagt Mayer. Man stelle Fragen wie: Wie wollen wir leben? Woran werden wir glauben können? „Der Stoff entsteht ausschließlich hier“, fügt Amende hinzu und verweist darauf, dass viele der Künstler bereits seit dem 9. September in Altenburg weilen. Rund zehn Leute wohnen über die Stadt verteilt, gemeinsam dürfen die Dramaturgen, Tischler, Musiker, Schauspieler und Tänzer drei Räume auf dem Schlossberg nutzen.

In der Hofküche wurde ein Atelier eingerichtet, im Prinzenpalais Werkstätten. Damit habe man den Bauhaus-Gedanken aufgreifen wollen, erläutert Mayer. „Die Werkstätten-übergreifende Arbeitsweise als Prinzip, das im Bauhaus begründet wurde, wird sich auch im Spiel auf der Bühne wiederfinden.“ Insgesamt werden fünf Werkstätten angeboten, zu den Themen Bühne, Kostüm, Ton, Licht und Text. Ein Chor für die beiden Aufführungen wurde bereits gegründet.

„Es ist eine der größten Fähigkeiten der Menschen, Geschichten zu erzählen“, ist Amende überzeugt. Darum habe man niemanden ausschließen wollen. Alle Texte, die in knapp zwei Wochen auf der Bühne präsentiert werden, wurden von Einwohnern verfasst oder bearbeitet. „Wir haben ganz viel über die Texte gesprochen. Dafür ist die Werkstatt ja da, dass Fragen gestellt werden, diskutiert wird“, so Lina Mayer. Auch die Schüler des Erich-Kästner-Förderzentrums haben sich an der Schreibwerkstatt beteiligt.

Das Anliegen der OMA sei ein kritisches, aber positives Verständnis von Unterschieden und Diversität. Ziel sei, die Grenzen zwischen Arbeit, Bildung und Spiel anders zu definieren. Man wolle Anlässe bieten, Menschen unterschiedlichster Hintergründe zusammen wirken zu lassen. Daher solle die Aufführung schließlich auch Mitmach-Charakter erhalten. „Unser Grundanliegen ist, dass Theater für alle sein soll, wir wollen möglichst viele ansprechen“, so Mayer.

Man sei sich bewusst, dass der Spielort auf dem Schloss und das Drei-Gänge-Menü das Potenzial­ haben, viele Interessierte abzuschrecken. „Darum haben wir den Preis gering gehalten, um so möglichst alle anzusprechen“, so Mayer. In Anlehnung an das triadische Ballett von Oskar Schlemmer sind Abend und Menü in die Farben Altrosa, Zitronengelb und Nachtblau gegliedert. Diese stehen für die drei Akte Rausch, Zweifel und Traum.

Der Neue Mensch wird am 18. und 19. Oktober, jeweils um 19 Uhr, im Festsaal des Schlosses Altenburg aufgeführt. Preisempfehlung 7 bis 15 Euro, inklusive Abendessen.