Garbisdorf. Kinder und Jugendliche produzieren während ihres Sommercamps einen Kurzfilm

„Du bist nicht unsichtbar“, rufen die fünf Kinder und Jugendlichen auf dem Sofa genervt ihrem Kompagnon Moritz zu. Als dieser entgegnet, „aber ich kann euch doch nicht sehen“, rufen die fünf erneut, nur noch lauter und genervter, „du bist nicht un-sicht-bar!“ Was hier gedreht wird, ist eine Szene aus einem Kurzfilm, der in dieser Woche auf dem Garbisdorfer Quellenhof entstand.

„Es ist eine Mischung aus Feriencamp und Workshop mit Filmprofis“, sagt Klaus Hiller. Seit acht Jahren bietet der von ihm geführte Verein Landcineasten in der ersten Woche der Sommerferien dieses Filmcamp an. „Das ist neben dem Film-Festival Quellinale unser wichtigstes Projekt.“ Immer am letzten Oktoberwochenende läuft seit neun Jahren das Kurzfilmfest auf dem Quellenhof, bei dem auch der Film der Ferienkinder Premiere feiern wird.

Bei Quatsch blühen die Kinder auf

Von Montag bis Samstag dürfen die neun Kinder zwischen neun und 15 Jahren auf dem Gelände zelten, Fußball oder Tischtennis spielen, sowie beinahe nebenbei unter professionellen Bedingungen in das Filmgeschäft hineinschnuppern. Das Thema wechselt ständig, denn viele der Ferienkinder kommen im nächsten Jahr wieder. In diesem Jahr hat Manuel Kressin, Schauspieldirektor des Landestheaters Altenburg-Gera, ein Drehbuch zum Thema Superhelden geschrieben.

„In dem Kurzfilm geht es grob zusammengefasst darum, dass Onkel Trashman, einer der größten und unbesiegbaren Superhelden, gestorben ist. Seinen sechs Nichten und Neffen vererbt er eine Kiste mit einer Botschaft auf einer Videokassette und sechs Tabletten, die jeweils eine seiner Superkräfte verleihen“, fasst Mike Langer zusammen. Der Kameraprofi von Altenburg TV ist mit seiner kompletten Ausrüstung eine Woche vor Ort, gibt Tipps und achtet auf Details.

Die Idee entstand im vergangenen Jahr, als man einen Gruselfilm gedreht habe, erzählt Langer: „Da haben wir relativ viel am Abend gedreht, zudem hatten wir noch Pech mit dem Wetter, so dass wir uns tagsüber oft irgendwelche improvisierten Szenen ausgedacht haben. Dabei merkten wir, dass die Kinder richtig aufblühten, als wir Quatsch gedreht haben.“ So entstand die Idee, in diesem Jahr eine Komödie zu produzieren. Weil eine Woche dazu nicht ausreicht, wird es eben ein Vorschau-Film für einen turbulenten Superheldenklamauk werden. Die Drehorte liegen dabei alle auf dem Gelände des Quellenhofes, nur für eine kurze Szene an der 100 Meter entfernten Bushaltestelle wagte man sich vor die Tür.

„Ruhe bitte – Kamera läuft – und bitte“, ruft Manuel Struffolino alle paar Minuten. Der Schauspieler des Landestheaters übernimmt für eine Woche die Regiearbeit auf dem Quellenhof, was ihm große Freude macht. Dabei ist er durchaus kompromissbereit, bezieht die Kinder und Jugendlichen in die Drehbucharbeit ein. „Wir hatten eine grobe Vorlage, gemeinsam haben wir am Anfang aber einiges abgeändert, so dass es den Kindern besser gefiel“, sagt er. So haben sie einen Teil der Namen, aber auch ganze Situationen und Szenen umgeschrieben.Dass sich das auszahlt, merkt man den Kindern an. Die elfjährige Luise spielt Astromaus und geht in ihrer Rolle voll auf: „Es ist sehr abwechslungsreich, das gefällt mir sehr. Astromaus kann fliegen, ich will auch gerne Astronautin werden.“ Phine, mit neun Jahren die Jüngste im Camp, übernimmt die Rolle der Superheldin Snowball. „Die Abende sind am besten“, sagt sie. Da sitzen die Jugendlichen gemeinsam am Lagerfeuer oder spielen, was ihnen gerade gefällt. „Mir macht das Drehen am meisten Spaß“, sagt der zehnjährige Florian alias Fried Fred, der ebenso wie Luise und Phine zum ersten Mal am Filmcamp teilnimmt. „Ich habe mich schnell eingelebt und Freunde gefunden“, erzählt er.

Der vierzehnjährige Vincent ist bereits zum fünften Mal dabei und steht selbst nicht vor der Kamera. „Ich wollte die Tonangel nehmen, das gefällt mir besser als Schauspielern. Beim Film ist ein guter Ton wichtiger als ein gutes Bild“, sagt er überzeugt. Tom ist ebenfalls 14 Jahre alt und zum fünften Mal dabei, lernt aber immer noch etwas hinzu. „In diesem Jahr hatten wir mehr Theorie als zuvor, etwa mit der Auswahl von Drehorten und Kostümen. Außerdem konnten wir vieles am Drehbuch mitbestimmen.“

Die Mitbestimmung zahlt sich aus, wie Joe bestätigt. Der 19-Jährige ist seit dem ersten Filmcamp dabei, seit zwei Jahren als Betreuer im Einsatz, aber auch vor der Kamera als Mime aktiv. „In diesem Jahr diskutieren die Kinder nicht ganz so viel, sind mehr in die Rollen hineingewachsen“, sagt er. So beratschlagen er und seine Filmcousins und -cousinen in der aktuellen Szene, wie sie sich an das Hauptquartier des Bösewichtes „Mister Riös“ und seiner Superschurken „Mister Left“ und „Mister Right“ anschleichen können. Der vierzehnjährige Moritz sitzt ihnen gegenüber. Weil es den Superhelden nicht gelungen ist, die Botschaft der VHS-Kassette zu entschlüsseln, rätselt er noch, was seine Superkraft ist.

„Als Kind hat man ja viele Ideen, träumt vielleicht vom Filmgeschäft. Hier haben sie die Möglichkeit, mit Filmprofis das Handwerk richtig kennen zu lernen“, beschreibt Klaus Hiller den Hintergrund des Feriencamps. Zudem biete man so die Möglichkeit, dass die Kinder eine Woche lang Spaß haben, ohne Ablenkung durch das Internet. „Bisher haben wir nur zufriedene Rückmeldungen erhalten. Manche sagten hinterher voller Stolz: Wir waren eine Woche ohne Handy.“ Zudem könnten sich die Schüler damit brüsten, einen Beitrag zum Kurzfilmfestival auf dem Quellenhof geleistet zu haben. Zuarbeit erhalte man unter anderem auch vom Kurzfilmfestival Cellu l‘art aus Jena und der Bauhaus-Uni in Weimar.