Gößnitz. Friedliches, freundliches und respektvolles Miteinander beim gut besuchten Open Air Gößnitz

Am Freitagabend wurden die Open-Air-Fans in Gößnitz gleich auf eine härtere Probe gestellt. Regen und das in Strömen und für längere Zeit. Doch schon nach den letzten Tropfen stand Emil Bulls auf der großen Bühne. Die Münchener drückten mit ihrem alternativen Metal mächtig auf die Tube. „Wer uns nicht kennt, das ist völlig egal, feiert mit uns“, rief Christoph von Freydorf. Das ließ sich das Publikum nicht zweimal sagen, und so ging das Festival – nach Coppelius aus Berlin und der Regenpause – fröhlich weiter.

Mono Inc., die für die krankheitsbedingt ausgefallenen Apokalyptischen Reiter einsprangen, war viel mehr als ein Ersatz. „Vor neun Jahren waren wir schon mal in Gößnitz. Es ist ein schöner Zufall, dass wir heute da sind“, hieß es von ihnen. Melodisch hörte sich ihr Dark Rock an, das Publikum ließ sich gern davon mittragen. Genauso überzeugte auch „Dritte Wahl“ aus Rostock, die bekanntermaßen alles andere als dritte Wahl sind, bevor zu nächtlicher Stunde mit Mannomann so einige Freygang-Songs neu auflebten. Brian Bosse, Frontmann der Freygang-Band, die kürzlich ihren Abschied gab, sang sie, unterstützt von In Extremo-Mitgliedern.

Grau in grau zeigte sich der Samstagmorgen, die Festwiese schien im Schlamm zu versinken. Doch Petrus war den Open-Air-Gängern hold, schickte Sonne vorbei und nur vereinzelt noch Regentropfen, so dass die Party weitergehen konnte. Mit Stroh vor der Bühne und einem Belag im Zelt besserten die Organisatoren von dem Verein Initiative Kultur und Musik (IMUK) die Lage vor Ort aus. Überhaupt hatten die Gößnitzer zu tun, ob am Einlass oder Getränkeverkauf. Auch die Feuerwehr, die für die Sicherheit vor Ort war, war beschäftigt.

Kurzerhand auf die Bühne geholt wurde Sonja, die Frau, die es seit Jahren möglich macht, dass die Open-Air-Besucher sich waschen oder duschen können, weil sie die Stellung hält. Applaus, Applaus.

Besonders in den Abendstunden füllte sich das Festivalgelände immer mehr. Zelt- und Parkplätze waren längst rar geworden, die Essensstände zeigten sich umlagert. Klar, tanzen und feiern macht hungrig. Die Kleidung der Besucher ließ oftmals darauf schließen, welche Musik sie gerne hören. Denn Fan-Shirts konnte man gleich vor Ort an den Ständen der Bands kaufen. Stolz trug so mancher das neue Gößnitzer Open-Air-Shirt oder heftete sich den Open-Air-Aufkleber ans Heck seines Autos. Man saß zusammen, ob auf der Wiese nahe der Zelte und Wohnwagen oder vor der Bühne. Ihr Lebensgefühl drückten so einige aus, etwa wenn sie im Schottenrock, mit Babykappe oder Tropenhelm, als plüschiges Einhorn, als große Erdbeere oder mit „Messer im Rücken“ kamen. Drei sogenannte Ärzte, ausgerüstet mit grüner Kappe, OP-Kittel und Mundschutz, trieben es besonders toll und spritzten mit ihren Wasserpistolen umher. Das ist das Schöne am Festival, jeder kann sich geben, wie er will. Und es geht freundlich und respektvoll zu. Mit ihren spitzen Ohren waren die Musiker von Finntroll ein Hingucker, sie überzeugten auch mit ihrem Folk-Metal, der in die Ohren ging. Alestorm aus Schottland punkteten mit viel Spielfreude, Farbe, Tempo – und einer riesengroßen Gummiente auf der Bühne. Piraten-Folk-Metal nennen sie ihre Musik, mit welcher sie die Zuhörer mühelos und gut gelaunt in ihren Bann zogen. Bunte Seifenblasen, Klopapierrollen, (neue) Klobürsten, Stroh und buntes Konfetti folgen durch die Luft. Nach Mitternacht ging es für die, die noch nicht müde waren, nach Russland, zu Katjuscha und dem russischen Lebensgefühl, welches 44 Leningrad gekonnt zelebrierten.