Beerwalde/Gera. Lehrer und Betrieb für Präzisionsoptik tauschen sich aus, wie man mehr Schüler für Physik gewinnen kann

„Das Mikroelektronikprogramm hat die DDR nicht gerettet, aus den Bruchstücken davon profitieren wir aber bis heute“, sagt Stefan Müller-Pfeiffer von der Präzisionsoptik Gera (POG). Vor ihm sitzen elf Physiklehrer, darunter sechs von den Regelschulen und Gymnasien des Landkreises Altenburger Land, um sich fortzubilden. In Kooperation mit dem Landratsamt bot das Unternehmen, das seit diesem Jahr seinen Sitz in Löbichau hat, erstmals diese Veranstaltung an, unter dem Titel „Das Smartphone und wir“.

Allerdings ging es dabei nicht darum, wie die Physik-Lehrkräfte ihre Schützlinge bewegen können, weniger auf das Handy und mehr in die Schulbücher zu sehen. Vorrangig drehte sich der Vortrag des Physikers Müller-Pfeiffer darum, welche Nachwirkungen die Forschung aus DDR-Zeiten auf die heutige Wirtschaft Thüringens hat. Aus den Töchtern der VEB Carl Zeiss Jena seien einige Unternehmen hervorgegangen, die noch heute große Bedeutung in der Mikrochip-Industrie besäßen.

Ein kleiner, aber nicht unbedeutender Teil in vielen Smartphones stammt nämlich auch oft von hier. „Das steckt eine gigantische, weltweite Fertigungs- und Technologiekette dahinter, wir sind mit beteiligt, zum Beispiel mit Komponenten in der Messtechnik.“ Das mobile Telefon sei sozusagen das Schlüsselprodukt des 21. Jahrhunderts.

Doch auch die wahren Absichten wollte Müller-Pfeiffer nicht verhehlen: „Wir wünschen uns, dass Sie ihre Schüler auf uns aufmerksam machen.“ Man sei gerne bereit, diesen das Unternehmen zu zeigen, Praktika anzubieten oder Jugend forscht-Projekte zu unterstützen. „Qualifiziertes Personal ist am Markt nicht verfügbar, wir müssen das über die eigene Ausbildung machen“, ergänzt Jan Schubach, einer der drei Geschäftsführer.

Darüber hinaus lieferte der Vortrag detailreiche Informationen darüber, wie Mikrochips hergestellt werden, was Elektronenstrahlbelichtung ist und was man unter Steppern versteht. Ein modernes Exemplar, „der teuerste Diaprojektor der Welt“, wie ihn Müller-Pfeiffer nennt, sei der ASML-Stepper NXE 3400B, der etwa drei mal zehn Meter groß ist. Er kostet rund 100 Millionen US-Dollar und belichtet etwa 125 Wafer pro Stunde. Mit einer Auflösung von 13 Nanometern bei einer Überdeckung von nur zwei Nanometern, was etwa zwanzig Tausendstel eines Haardurchmeters entspricht.

Dessen Vorläufer, quasi der „Urvater aller Stepper“ war der MPÜR vom VEB Carl Zeiss Jena aus dem Jahr 1979. „Damals hieß er Überdeckungsrepeater“, so Müller-Pfeiffer. Er konnte immerhin schon Strukturen von nur einem Mikrometer Größe abbilden. Nach seiner Zusammenfassung von 30 Jahren Halbleiter- und Mikroelektronik-Forschung wollte Stefan Müller-Pfeiffer von seinen Zuhörern wissen: „Wie ist die Stimmung unter ihren Schülern?“

Jacqueline Tiebel-Berger von der Debschwitzer Regelschule Gera gab Auskunft: „Ich muss ganz, ganz unten anfangen. Ich bin als einzige Physiklehrerin übrig geblieben, alle anderen sind in Pension. Ich versuche, schrittweise das Interesse zu wecken, aber es ist sehr schwierig.“

Cornelia Kern vom Dörffelgymnasium Weida sagte: „Wir hatten letztes Jahr einen Austauschschüler aus China zu Besuch, da wurde mir alles klar.“ Dort würden die Naturwissenschaften im Mittelpunkt stehen, während sie in Thüringen das letzte Rad am Wagen seien.

Man bekomme oft die Rückmeldung „Das ist aber kompliziert“, wenn man Schülern Physik näher bringen wolle, wusste auch Stefan Müller Pfeiffer. Hinzu käme, dass die meisten Physiklehrer Mitte oder Ende 50 seien. POG beschäftige aktuell 160 Mitarbeiter und 19 Auszubildende. Drei davon wohnten dem Vortrag quasi als Leumundszeugen bei. Eine davon ist Hella Neldner aus Altenburg, 17 Jahre alt und im zweiten Lehrjahr: „Ich hatte in der Schule nie etwas mit Optik gelernt, aber zum Glück auch nie viel Unterrichtsausfall.“ Eher durch Zufall ist sie zu POG gekommen. „Für mich als Lehrer war es sehr interessant. Unsere Schule ist dabei, einen neuen Wahlpflicht-Bereich namens Thinktech einzuführen. Dafür suchen wir nach Betrieben, die mit uns eine Kooperation eingehen, um die Schüler besser auf das Berufsleben vorzubereiten.“ sagte Diane Leitholdt vom Gymnasium Schmölln. POG könnte dafür ein bedeutender Partner werden, vermutet sie.