Meuselwitz. Große Maschinen und Maßgenauigkeit auf tausendstel Millimeter

„Man merkt sofort, wo eigenes Interesse besteht oder wo die Eltern gedrängelt haben“ sagt Jonny Kühn. Seit 2015 ist er Ausbildungsleiter bei Herkules Meuselwitz, die Spezialwerkzeugmaschinen für die ganze Welt bauen. Fast genauso lange gibt es den Tag der Talente, bei dem Jugendliche für ein paar Stunden Werksluft schnuppern können und den Auszubildenden Löcher in den Bauch fragen können. „Die Jugendlichen müssen gut in der Schule sein und Lust auf uns haben“, so Kühn weiter. Aktuell lernen 22 Azubis auf dem riesigen Betriebsgelände am Nordrand von Meuselwitz. Als Zielmarke habe man zehn neue angepeilt.

Doch der inzwischen vierte Tag der Talente verlief zunächst eher schleppend. Einige Schüler waren schon mit ihren Großeltern da, für den Abend war die B-Jugend des örtlichen Fußballvereins angekündigt. Doch dazwischen tröpfelten die Interessenten nur spärlich. So hatten die Auszubildenden ausreichend Zeit für jeden, der ihnen Fragen stellt, so wie die Kreistagsabgeordnete Tina Rolle (Die Regionalen) und Jonathan Gentsch, die aus Neugier gekommen waren, um zu sehen, wie die Bedingungen der Jugendlichen sind.

Schulbusgroße Fräsmaschinen

In einer der Fertigungshallen zeigten Lukas Dorn und Tom Loske, Industriemechaniker-Azubis im dritten Lehrjahr etwa die P800+7000CNC, eine Fräsmaschine so groß wie ein Schulbus. Sie hält 50 Tonnen Gewicht aus, auf bis zu sieben Metern Länge und ist bereits nach China verkauft. „Wir bauen auf den tausendstel Millimeter genau, da ist Zuverlässigkeit und Maßgenauigkeit ein großes Thema“, sagt Jonny Kühn.

Das Besondere an Herkules als Ausbildungsbetrieb sei die Garantie auf unbefristete Festanstellung nach der Lehrzeit. Das muss auch nicht verwundern, wie Schweißer-Azubi Oskar Swoboda aus Lucka erklärt: „Auf Schule wird hier sehr viel Wert gelegt.“ Man lasse lieber eine Stelle unbesetzt, als einen Bewerber zu nehmen, der die Voraussetzungen nicht erfülle, ergänzt Jonny Kühn. Daher empfiehlt er den Schülern, zuerst ein Praktikum zu versuchen. So kam auch Swoboda zu Herkules, der laut eigener Schilderung schon immer eher der praktische Typ war. „Ich wollte sagen können: Geil, das hab ich gemacht“, schildert er seinen Drang zum Schweißen. Dafür brauche man eine ruhige Hand, Augenmaß, technisches Verständnis und nicht zuletzt starke Muskeln, denn körperlich anstrengend sei es auch.

Wer aber gute Leistungen in der Schule bringt und die anspruchsvolle Ausbildung meistert, bekomme also eine Festanstellung.

Andere Azubis führten derweil kleine Gruppen von Schülern durch die zahlreichen Hallen, welche mit Maschinen angefüllt sind. Wer sich für Technik interessiert, kam hier voll auf seine Kosten. Und nicht nur damit kann der Betrieb, der zur Herkules-Group mit Standorten in aller Welt gehört, aufwarten. Jeder Jugendliche, der seine Ausbildung in einem der sechs Bereiche Zerspanungsmechaniker, Industriemechaniker, Konstruktionsmechaniker, Mechatroniker, Elektroniker für Betriebstechnik oder Technischer Produktdesigner anfängt, erhält zuerst eine Grundausbildung in der Lehrwerkstatt. Danach darf man in zahlreiche andere Bereiche des Betriebs hineinschnuppern. Hierbei zeige sich schnell, wer ein wahres Talent besitze, so Kühn. Nach zwei Jahren müssen die Mechatroniker etwa schon so weit seit, eine funktionierende Sortiermaschine mitsamt Schaltschrank in nur acht Stunden zusammenzubauen. Nur das Drängeln der Eltern reiche da längst nicht mehr aus, dafür müsse man brennen, so Kühn.