Seit meinem Schulabschluss vor rund 20 Jahren habe ich kein Klassentreffen besucht. Die Damen und Herren, die sich gestern trafen, sind da ganz anders.

Geboren in den Kriegsjahren 1940 und 1941, sind sie mit dem Mangel aufgewachsen und haben oft nur wenig Unterstützung erfahren. Beim Treffen 60 Jahre nach dem Abitur erscheinen sie dennoch alle zufrieden und sehr gelöst, denn sie waren auf eine gewisse Art auch privilegiert. Während heute fast die Hälfte eines Jahrgangs auf das Gymnasium wechselt, waren es damals nur sehr wenige, die in den Genuss einer so umfassenden Schulbildung gekommen sind. Doch es muss noch einen anderen Grund haben, warum sich die b1 immer noch regelmäßig trifft, anders als die anderen Abschlussklassen a, b2 und c.

Die Senioren vermuten, dass die gesunde Mischung den Ausschlag gegeben hat. Während die anderen Abiturienten zumeist aus Altenburg kamen, waren es in der b1 überwiegend Kinder aus den umliegenden Dörfern, die hier die Schulbank drückten. Neben der ländlich geprägten Herkunft habe sie auch das Feindbild der SED geeint, vermuten manche. Weil man als Klassenverband durch dick und dünn gegangen ist und nicht aufpassen musste, was man sagt, vereint sie auch nach sechs Jahrzehnten noch der Wunsch, sich regelmäßig zu treffen. Soziale Wesen sind wir alle, letzten Endes ist das aber wohl immer vom Individuum abhängig, ob man Freude am Klassentreffen hat.

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