Altenburger Land. Bürgermeisterwahl 2024: André Becker (BI `89) und sein außergewöhnlicher Kurs ins Rathaus der Stadt Gößnitz im Altenburger Land.

  • André Becker: Kosmetiker mit Bürgermeister-Ambitionen.
  • Unkonventionell denken für die Stadt Gößnitz.
  • Beckers Visionen fürs Bürgermeisteramt und den Stadtrat.

Er denkt Gößnitz einfach anders und macht das nicht nur in seiner Arbeit als Stadtratsmitglied für die BI `89 deutlich, sondern aktuell auch auf seinen Wahlplakaten. Damit bewirbt sich André Becker als einer von vier Kandidaten für den höchsten Posten im Rathaus der Pleißestadt. Die Wahl findet am 26. Mai statt.

Um Stimmen wirbt er nicht nur mit eher unorthodoxen Plakatmotiven, sondern vor allem persönlich, unter anderem samstags zu festen Zeiten im Kabarett der Nörgelsäcke. Dort sitzt er an einem Tisch und wartet, dass die Leute kommen, um mit ihm zu sprechen und ihn kennenzulernen. In entspannter Atmosphäre, wie er sagt, sollen sich dort die Bürger ein Bild davon machen, welche Vorstellungen er von seiner Heimat habe, ihre Wünsche und Ideen äußern können.

Keine Vorurteile, keine Berührungsängste - schon von Berufs wegen

Mit Menschen kommt André Becker schnell und ohne Umschweife ins Gespräch. „Berührungsängste habe ich wirklich keine. Ich bin offen für alle und nehme alle ernst“, sagt er. Schon von Berufs wegen könne er sich Vorurteile nicht erlauben. Seinen Beautypoint im Herzen der Stadt suchen quasi alle sozialen Schichten auf, um sich eine pflegende, entspannende Behandlung von Kopf bis Fuß zu gönnen.

André Becker ist Kosmetiker. 2002 war er der erste Mann Deutschlands, der seine Prüfungen vor der Handwerkskammer in diesem Beruf ablegte - und sich damit einen Traum erfüllte. Davor war er Klempner. Dieses Handwerk lernte er nach dem Schulabschluss 1992 von der Pike an. Nach der Lehre war er viel unterwegs: auf Montage in ganz Deutschland. Eine traurige und rastlose Zeit, wie er rückblickend sagt. Vor allem deshalb, weil er immer fern der Heimat Gößnitz war, fern von seiner Familie. Und ja, damals - noch nicht lang nach der Wende - habe er sich in seinem Job auch ausgenutzt gefühlt, obwohl das Einkommen dank der Auslöse vergleichsweise gut war für einen Ostdeutschen. „Ich war vor allem froh, überhaupt Arbeit zu haben“, blickt er zurück. Glücklich indes war er nicht.

Alles über die Gößnitzer Bürgermeisterkandidaten auf einen Blick

Brandscheibenvorfall macht den Weg frei für Traumberuf

Weshalb er den Bandscheibenvorfall, der seine Karriere als Klempner 2000 beendete, dann auch als Chance begriff. Um komplett herauszukommen aus dem Job und sich seiner wahren Passion zuzuwenden: der Ausbildung als Kosmetiker. Dass ein Berufseignungstest im Arbeitsamt nach seiner Reha tatsächlich Kosmetiker als Ergebnis anzeigte, überraschte den heute 47-Jährigen nicht wirklich, spornte ihn aber umso mehr an.

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Er sicherte sich das Einverständnis der Behörde, seine Ausbildungskosten zu übernehmen und kümmerte sich selbst um eine Berufsschule, die ihn, einen Mann, nehmen würde. Lange musste er nicht suchen mit seinem Talent und seiner Visagisten-Ausbildung. Das Bewerbungsgespräch in Chemnitz dauerte eine halbe Stunde, danach war alles geritzt: fortan lernte er bis 2002 als einziger Mann gemeinsam mit 26 Mädchen das Einmaleins eines Kosmetikers.

„Ich sage, was ich denke und gehe meinen Weg. Die Leute hassen mich oder sie lieben mich.“
André Becker

Mit dem Abschluss in der Tasche machte er sich selbstständig - und ist glücklich bis heute in seinem Beautypoint und mit seinen Kunden, von denen einige seit 22 Jahren Stammkunden sind. Denen er, wie er sagt, nicht das Blaue vom Himmel in Sachen ewiger Jugend, frischer Haut und dauerhafter Faltenfreiheit verspricht oder gar verkauft. „Mein Job würde mich problemlos in die Rente bringen“, fasst er zusammen. Er sei sehr zufrieden, glücklich mit seiner Frau und seinen drei Kindern. „All in“ gehen - das mache er mit seiner Bewerbung fürs Bürgermeisteramt, fügt er hinzu. „Ich bin bereit, meine Komfortzone zu verlassen.“

Bürgermeister als Transformator für Bürgerwünsche

Warum er das tut? „Ich ertrage es nicht mehr, wie die Menschen heute alles über sich ergehen lassen. Nicht nur in Gößnitz“, erklärt er. Die meisten meckern und schimpfen und keiner wird richtig an die Hand genommen. Klare Vorstellungen hat Becker, wie er dieses Amt ausfüllen möchte. „Wenn man wissen will, was die Leute wollen, muss man die Leute mit einbeziehen“, lautet sein oberstes Gebot. Den Stadtrat versteht er deshalb als Filter der Bürgerwünsche, den Bürgermeister als Transformator in die Stadtverwaltung hinein. Einfach gesagt: „Wenn die Leute eine rote Straße wollen, versuche ich als Bürgermeister mein Möglichstes, dass sie die bekommen. Ich klopfe den rechtlichen sowie finanziellen Rahmen dafür ab und wenn beides passt, bekommen die Leute ihre rote Straße.“

Akzeptanz, Weiterbildung und Verantwortung auf breite Schultern

Dass der Gößnitzer Stadtrat nahezu seit Jahrzehnten alles andere als eine Einheit ist, ist indes kein Geheimnis. Wie er das ändern will? „Als Bürgermeister werde ich mit niemandem so umgehen, wie mit mir und einigen anderen im Stadtrat umgegangen wurde. Es lohnt sich immer, konstruktive Ideen zu akzeptieren und gemeinsam über sie zu sprechen. Noch wichtiger sei, persönliches Befinden außen vorzulassen. Und ich würde allen Gewählten nahelegen, einmal im Jahr ein kostenloses Weiterbildungsseminar zu nutzen. Verantwortung und Präsenz der Stadt auf breitere Schultern legen, findet Becker außerdem wichtig. . „Das kann man gut mit einem Stadtrat, der die kommunalpolitischen Grundlagen kennt.“

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