Bürgermeister von Bad Lobenstein greift beim Marktfest einen Reporter tätlich an

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Der Moment, als Bürgermeister Thomas Weigelt mitten auf dem Markt von Bad Lobenstein den OTZ-Reporter angreift.

Der Moment, als Bürgermeister Thomas Weigelt mitten auf dem Markt von Bad Lobenstein den OTZ-Reporter angreift.

Foto: Peter Hagen

Bad Lobenstein.  In einem Video ist zu sehen, wie Bad Lobensteins Bürgermeister Thomas Weigelt während des Marktfestes einen Journalisten zu Boden bringt. Der Bürgermeister ist auf Grund seiner Aussagen nicht unumstritten.

Thomas Weigelt ist alles andere unumstritten. Doch bisher blieb der parteilose Bürgermeister von Bad Lobenstein im Saale-Orla-Kreis im Amt. Das könnte nach nach diesem Wochenende anders sein: Der hauptamtliche Bürgermeister hinderte gewaltsam unseren Reporter an der Arbeit.

Während einer Videoaufzeichnung beim Marktfest stürzte Weigelt unvermittelt auf unseren Reporter los, der dabei verletzt und dessen Ausrüstung beschädigt worden ist.

Am Vormittag hatte traditionell ein offizieller Empfang des Bürgermeisters im Neuen Schloss stattgefunden. Unter den geladenen Gästen befand sich ein bekannter „Reichsbürger“. Vor wenigen Wochen hatte dieser erklärt, ihm stünden die Verwaltungsstrukturen von 1918 zu. Worin die Verdienste des Mannes für die Stadt Bad Lobenstein liegen, ließ der Bürgermeister unbeantwortet und forderte den fragenden Reporter auf, das Neue Schloss zu verlassen.

Reporter filmt Weigelt mit umstrittenem Gast

Nach dem Empfang war Bürgermeister mit dem umstrittenen Gast an einem Stehtisch auf dem Markt zu sehen, was gefilmt worden ist. Als Weigelt die Dreharbeiten bemerkte, stürmte er plötzlich auf den Reporter zu, griff in dessen Technik und stieß ihn um, wobei noch ein Passant zu Fall kam. Ein Teil der Kameraausrüstung ist bei dem Angriff zerstört worden. Der Journalist erlitt eine Verletzung, die ambulant im Krankenhaus behandelt worden ist. Gegen den Bürgermeister wurden von der Polizei Strafanzeigen wegen des Verdachts der Körperverletzung und der Sachbeschädigung aufgenommen.

„Ich bin schockiert und fassungslos über diese Nachricht aus Bad Lobenstein“, schrieb der Landrat des Saale-Orla-Kreises, Thomas Fügmann (CDU), auf Facebook. Ein solches Verhalten eines Bürgermeisters, eines Wahlbeamten gegenüber einem Journalisten oder jeden anderen Person sei durch Nichts zu rechtfertigen. „Ich fordere von Thomas Weigelt den sofortigen Rücktritt von seinem Amt als Bürgermeister von Bad Lobenstein.“

Für Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ist klar: „Jetzt muss amtlich gehandelt werden.“ Er verwies bei Twitter darauf, dass für den Empfang Steuergelder und Amtsräume genutzt wurden und ein Journalist am Arbeiten gehindert worden ist.

Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Astrid Rothe-Beinlich, äußerte sich auf Twitter zu dem Vorgang. „Angesichts des unmöglichen Verhaltens ist die Forderung nach einem Rücktritt und einer Entschuldigung von #Weigelt die einzig richtige.“ Ein derartiger Eingriff in die Pressefreiheit sei nicht hinnehmbar und müsse Konsequenzen haben.

Weigelt übersteht Abwahlverfahren

Erst am 17. Juli hatte der hauptamtliche Bad Lobensteiner Bürgermeister Thomas Weigelt ein vom Stadtrat angestrengtes Abwahlverfahren nur ganz knapp überstanden. 1118 stimmten für die Abwahl, 977 dagegen Die Wahlbeteiligung lag bei 43,5 Prozent. Für eine Abwahl hätten mindestens 1453, also mehr als 30 Prozent der 4852 Wahlberechtigten stimmen müssen, sagte Abstimmungsleiterin Antje Schröter. Doch diese Hürde wurde nicht übersprungen. Anlass für das Verfahren waren unter anderem Kommentare Weigelts in sozialen Medien, in denen er der Regierung Lügen und Verrat vorgeworfen hatte.

„Versuche, die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten der Ostthüringer Zeitung zu behindern und zu beeinflussen, begleiten schon lange unseren Berufsalltag. Dazu gehören auch Drohungen, körperliche Gewalt anzuwenden", sagt OTZ-Chefredakteur Jörg Riebartsch. "Dass jetzt der Bürgermeister des Kurortes Bad Lobenstein, Thomas Weigelt, den OTZ-Lokalreporter Peter Hagen und einen unbeteiligten Passanten körperlich angegriffen hat, um eine Berichterstattung über sich während des Marktfestes in Lobenstein zu verhindern, ist eine neue, traurige Eskalation.

Die Redaktion der OTZ lässt sich allerdings auch künftig nicht mit Gewalt einschüchtern. Wir werden stets berichten, was wir entdecken. Gemeinsam mit allen Titeln der FUNKE Mediengruppe werden wir uns auch weiterhin mit ganzer Kraft für Meinungs- und Pressefreiheit einsetzen.“

Julia Becker: "Werden alle juristischen Mittel aufbieten, um diesen Übergriff zu ahnden“

Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende der FUNKE Mediengruppe: „Der Angriff auf unseren Reporter der OTZ ist nicht nur ein schändlicher Angriff auf einen unserer Mitarbeiter. Es ist auch ein Angriff auf die Pressefreiheit und damit auf einen der Grundwerte unserer Demokratie. Meine Familie und ich fordern klare Konsequenzen.

Daher ist der Rücktritt dieses Bürgermeisters, der mit körperlicher Gewalt Berichterstattung verhindern will, unumgänglich. Dem verletzten Kollegen wünsche ich- auch im Namen meiner ganzen Familie - schnelle Genesung. Wir werden alle juristischen Mittel aufbieten, um diesen Übergriff zu ahnden.“

Bürgermeister Thomas Weigelt war bisher für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.