Eisenberg. Hilfe für Süchtige ist in der psychosozialen Beratungsstelle des Vereins Wendepunkt sehr gefragt. Aber nicht jedes Extremverhalten wird zur Sucht. Auch dies war jetzt Thema beim Tag der offenen Tür.

513 Klienten haben Franka Zobel und ihre Mannschaft im vergangenen Jahr beraten. Damit ist die psychosoziale Beratungsstelle in Eisenberg gut ausgelastet, wie Franka Zobel berichtet. Sie hat seit Kurzem von Heike Adler die Leitung übernommen, die sich auf die Facharbeit konzentrieren möchte.

Unter den 513 Fällen sind praktisch alle Formen von Süchten – ob stoffgebunden oder stoffungebunden. Ersteres kann von Medikamenten über illegale Drogen bis hin zu Alkohol und Nikotin reichen. „Dabei nehmen viele Betroffene Zigaretten im anamnestischen Beratungsprozess, also bei der medizinischen Befragung, gar nicht mehr als Problem wahr.“ Stoffungebundene Sucht kann Kaufsucht sein, Spielsucht, Sexsucht, Sucht nach Spielen auf dem Smartphone, dem Computer oder anderen medialen Interessen.

Letzteres fällt unter „Mediensucht“ und war Thema beim Tag der offenen Tür der Einrichtung Ende Juni – dabei tauschten sich Forscher, Berater, Sozialarbeiter, Schulvertreter und Mitarbeiter von Jugendämtern oder Jugendgerichtshilfe aus. „60 Leute hatten sich angemeldet und noch mehr sind gekommen – trotz der Hitze an dem Tag“, sagt Zobel. Bei derlei Veranstaltungen könne man ganz gezielt ins Gespräch kommen.

Kinder nicht sich selbst überlassen

„Mediensucht“ ist hochaktuell: Etwa 600.000 vorwiegend junge Menschen gelten als medienabhängig. „Bereits im Kindergartenalter werden schon die ersten medialen Eindrücke und Interessen verzeichnet“, sagt Zobel. Mitunter dürften Kinder unter 6 Jahren bereits reichlich ein Smartphone nutzen. „Eigentlich müssten die Eltern viel bewusster damit umgehen“, findet Zobel. Ein begleiteter Umgang mit derlei Geräten sei wichtig. „Schon weil man mit ein paar Wischbewegungen mal ganz schnell auf Internetseiten landet, die vielleicht nicht für Kinder geeignet sind.“

Natürlich sei nicht jede exzessive Nutzung etwa von Computerspielen gleich eine Sucht. „Sensible Phasen kann jeder haben, in denen ein Missbrauch stattfinden kann.“ In der Suchttherapie betrachte man Zeiträume von mindestens einem Jahr. „Und wir thematisieren nicht nur die Sucht.“ Man müsse den ganzen Menschen ins Bild nehmen.

Zum Tag der offenen Tür haben auch einzelne Besucher die Lage abgeklopft, um später wiederzukommen. „So ein Tag ist nicht geeignet für eine richtige Beratung.“ Wer Hilfe sucht, kann sich entweder an die Beratungsstelle Eisenberg oder an eine der Außenstellen in Jena, Kahla, Stadtroda oder Hermsdorf wenden – oder direkt eine der offenen Sprechstunden in Anspruch nehmen.

Bis sich Süchtige helfen lassen, sei es oft ein langer Weg: „Wer lässt sich diesen Stempel schon gerne aufdrücken.“ Seelische Störungen seien zudem oft nicht gleich zu erkennen – und es sei auch schwer auszumachen, wie lange eine Behandlung bis zur Heilung benötigt.

Manche Geschichte können Beraterinnen und Berater dabei ganz schön mitnehmen. Zu sehr an sich heranlassen darf man das in diesem Beruf jedoch nicht: „Jeder muss lernen, sich abzugrenzen und darf die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen.“

Täuschen darf man sich jedoch nicht, was die Häufigkeit bestimmter Süchte angeht: Alkohol bleibt das mit Abstand größte Problem – und nicht-stoffgebundene Abhängigkeiten machen etwa ein Zehntel der Fälle im Saale-Holzland aus.