Kahla. Hiesige Unternehmer und Arbeitsagentur werben für die Inklusion. Die Kahla Logistik Service gGmbH ist seit Jahren ein gutes Beispiel, wie es funktionieren kann.

Der Arbeitsmarkt verändert sich, auch in Thüringen. Bis 2030 werden 270.000 Menschen altersbedingt ausscheiden. Diese Zahl warf Holger Bock, Leiter der Jenaer Arbeitsagentur, am Donnerstag in die Runde des Unternehmerfrühstückes bei der Lebenshilfe in Kahla. Eingeladen hatte die Mittelstandsvereinigung Saale-Holzland-Kreis der CDU. Gastgeber war der Verein für Behinderte mit Rene Casta als Geschäftsführer.

Der Schwerpunkt der Gesprächsrunde lag in der Integration von behinderten Menschen in den ersten Arbeitsmarkt. Bei der Kahla Logistik Service (KLS) gemeinnützige GmbH in Kahla, eine 100-prozentige Tochter des Saale-Betreuungswerks der Lebenshilfe Jena gGmbH, klappt das offenbar gut. Von den 43 Mitarbeitern in sozialversicherungspflichtigen Jobs sind 22 mit einer Behinderung. Dazu gibt es vier Auszubildende, einer davon zum Fachpraktiker, sowie zwei Mini-Jobber. „Um den Inklusionsgedanken zu erhalten, ist die Rede von 30 bis 50 Prozent. Wir liegen leicht darüber. Mit dem Integrationsamt gab es aber deshalb noch keine Schwierigkeiten“, sagte Helge Hartenstein, Logistikleiter bei KLS.

2007 in der Vorweihnachtszeit wurde das Unternehmen gegründet. Die Kahla Thüringen Porzellan strukturierte um, sah die Bereiche Verpackung und Logistik nicht mehr als seine Kernkompetenzen. Kahla Logistik Service stieg dafür ein. „Mit der Gründung der gemeinnützigen GmbH gab es auch Verlierer, vor allen Hausfrauen, die nebenbei gejobbt haben, sie hatten keine Arbeit mehr“, sagte Hartenstein. 2009 kam das Transportgeschäft dazu. Die KLS ist mit ihren zwei Lastkraftwagen und drei Transportern für die Kundschaft unterwegs, auch fürs Saale-Betreuungswerk. 2016 erfolgte dank einer Förderung über 80.000 Euro die Umgestaltung der eigenen Produktionsabläufe. 2017 wurde mit der Ausbildung für Fachpraktiker begonnen.

Holger Bock hatte noch eine zweite Zahl parat. Von 100.000 erwerbsmäßig schwerbehinderten Menschen in seinem Amtsbereich sind im Moment nur 17.000 in einer festen Anstellung. „Das ergibt einen Puffer von 84.000 Menschen. Nicht jeder von ihnen wird für jede Tätigkeit geeignet sein. Ich kann die Firmen ermutigen, behinderte Menschen einzustellen. Es lohnt sich. Ich kenne genügend Beispiele, da sind Menschen mit Behinderung die Leistungsträger“, sagte Bock.

Auch in der Arbeitsagentur in Jena sind Menschen mit Behinderung beschäftigt. „Sie machen eine tolle Arbeit. Natürlich kostet das auch Zeit in der Heranführung bestimmter Tätigkeiten. Sie sind aber immer hochmotiviert“, berichtete Bock.

Das Integrationsamt Gera, das dem Thüringer Landesverwaltungsamt unterstellt ist, steht als Partner für Firmen zur Seite, die interessiert sind, behinderte Menschen einzustellen. Das Amt unterstützt die Unternehmen beim Ausgleich der Lohnzahlungen.

Der Leiter der Jenaer Arbeitsagentur warb für behinderte Menschen. „Die Firmenchefs sollten die Scheu ablegen, dass man behinderte Menschen nicht kündigen könnte. Auch für sie gibt es eine Probezeit, wie bei jedem anderen Arbeitgeber auch. 77 Prozent der Kündigungen, die es in Thüringen gab, wurden zugestimmt“, sagte er.

Daniel Harant, Personalleiter bei Kahla Porzellan, lobte die Zusammenarbeit mit KLS. „Man darf bei dem Thema der Integration von behinderten Menschen nicht zu viel reden. Man muss es einfach passieren lassen und das Thema nicht zu sehr verkopfen.“

Wie hilfreich die Gesprächsrunde am Donnerstag war, zeigte sich im zweiten Teil. Da mahnte Martina Kramer, Job-Coach der Roda-Werkstatt in Stadtroda, an, dass es schwierig sei, Praktikumsplätze für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung aus ihrer Einrichtung zu bekommen.

Frank Hellwig, Leiter des Botanischen Gartens Jena, bot ihr an, sich zusammen zu setzen, denn an der Jenaer Uni braucht es Leute, die Pflanzen aufkleben und so inventarisieren. „Wir haben aktuell etwas mehr als zwei Vollzeitbeschäftigte dafür. Für die zwei Millionen Pflanzen bräuchten sie wohl noch 1000 Jahre. Vielleicht finden wir ja eine Möglichkeit“, sagte Frank Hellwig.