Stadtroda. Ministerpräsident Bodo Ramelow übergibt neues Fahrzeug, das unter anderem als E-Bürgerbus für Stadtroda und Schlöben zum Einsatz kommt

Er ist leise, komfortabel, hat acht Sitze – inklusive Fahrersitz – und verfügt über einen großzügigen Kofferraum, in den neben zwei zusammen­geklappten Rollatoren noch ein paar Einkäufe passen: der erste elektrisch betriebene Bürgerbus Thüringens.

Nach etwa neun Monaten Lieferzeit ist das 140 PS starke Fahrzeug der Marke Nissan Mitte September in Stadtroda an­gekommen. Seit 8. Oktober ist der E-Bus im Fahrplan-Betrieb des Bürgerbusses für Stadtroda und Schlöben eingetaktet. Gestern folgte noch die offizielle Übergabe durch Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke) auf dem Amtsplatz in Stadtroda.

Ramelow zeigte sich besonders vom Engagement der ehrenamtlichen Bürgerbus-Fahrer beeindruckt. Er informierte zudem, dass thüringenweit künftig einige Bürgerbusse auf die Straßen geschickt werden sollen, um das Zusammenspiel von ÖPNV, Taxis und Bürgerbussen zu untersuchen. Eine Studie soll angefertigt werden. Wolfgang Main vom Bürgerbusteam und Vorsitzender des Seniorenbeirates Stadtroda, informierte seinerseits, dass der Bürgerbus für Stadtroda und Schlöben keine Konkurrenz zum ÖPNV vor Ort darstelle, vielmehr eine Nische sei.

Nach weiteren kurzen Gesprächen und einem Blick unter die Motorhaube, wurde der Ministerpräsident zu einer kleinen Rundfahrt mit dem E-Bürgerbus eingeladen. Diethard Lumpe, ehrenamtlicher Bürgerbus-Fahrer, steuerte laut Plan unter anderem das Stadtmuseum Stadtroda, das Gewerbegebiet Bollberg, die Stadtwerke und das Mehrgenerationenhaus des Bildungswerkes Blitz an. Nach der Tour gab es noch einen Informationsaustausch über den Bürgerbus.

„Der E-Bürgerbus ist zu 95 Prozent seniorengerecht konzipiert, so, wie wir uns das gewünscht haben“, sagt Wolfgang Main. „Einen Wermutstropfen gibt es aber. Aus technologischen Gründen konnte keine hydraulische Ein- und Ausstiegshilfe eingebaut werden, wie es bei einem Diesel oder Benziner möglich gewesen wäre“, sagt Main. Stattdessen ist auf halber Höhe ein fester Einstieg installiert. „Da hätten wir für unsere Senioren eigentlich zwei richtig große Trittstufen gebraucht.“

Dem Hersteller zufolge könne der E-Bus im Normalbetrieb etwa 280 Kilometer schaffen, bevor er Strom nachladen muss. „Wir fahren dienstags und donnerstags jeweils etwa 90 bis 110 Kilometer auf unseren festgelegten Routen. Theoretisch würde es also reichen, den Bus nach der Tour am Donnerstag zu laden. Wir haben aber entschieden, ihn auch gleich dienstags nach der Tour einzustöpseln, damit der Akku wieder voll ist.“

Der neue Elektro-Bürgerbus werde derzeit auf dem Gelände der Stadtrodaer Stadtwerke geparkt. An der dort befindlichen Ladestation für Elektro-Fahrzeuge werde der Bürgerbus auch gleich aufgeladen.

Wie die Stadtwerke Stadtroda gestern informierten, wollen sie künftig den Strom für die Nutzung des Fahrzeuges als Bürgerbus sponsern. Der Öko-Strom aus Stadtroda für den E-Bürgerbus werde mit der Solaranlage auf dem Dach der Stadtwerke erzeugt. Überschüssige Energie werde gespeichert, so dass auch nachts Strom an der Ladestation gezapft werden kann.

„Wir haben uns hauptsächlich für einen Elektro-Bürgerbus entschieden, weil wir nicht nur von Umweltschutz reden dürfen, sondern ganz konkret und nachhaltig handeln müssen – und zwar direkt vor Ort. Wir in Stadtroda haben das getan“, sagt Wolfgang Main.

Vor zweieinhalb Jahren wurde das Bürgerbus-Projekt gestartet. Nach dem Prinzip „Bürger fahren Bürger“ sind mittlerweile acht Ehrenamtliche – darunter auch eine Frau – im Einsatz, um dienstags und donnerstags die aktuell 21 eingerichteten Haltepunkte in Stadtroda und Schlöben anzufahren. „In der Anfangsphase konnten wir zunächst auf das Eco-Mobil des Saale-Holzland-Kreises zurückgreifen. Als das stillgelegt wurde, stand das Bürgerbus-Projekt kurzzeitig vor dem Aus. Dank einer Notlösung nutzten wir bis zum Eintreffen unseres neuen E-Bürgerbusses dankenswerterweise ein Diesel-Fahrzeug des Autohauses Dolge und die ‚Weiße Kuh‘, das ist der Kleinbus der Stadtverwaltung Stadtroda“, sagt Main.

Die Regionale Aktionsgruppe (RAG) des Saale-Holzland-Kreises war es letztlich, die im Rahmen eines Leader-Programmes Fördermittel beim Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft zur Anschaffung des neuen Elektro-Bürgerbusses beantragte. Letztlich sei eine 75-prozentige Förderung genehmigt worden. Weil die Stadt Stadtroda den für die Förderung notwendigen Eigenanteil von etwa 10.000 Euro nicht aufbringen konnte, ist diese Summe über Spendengelder akquiriert worden. Die exakte Gesamtsumme des E-Busses konnte gestern keiner der Beteiligten nennen. Sie belaufe sich „auf etwa 40.000 Euro“, hieß es.

Bis jetzt sei der Bürgerbus für Stadtroda und Schlöben mehr als 10.000 Kilometer im Jahr gefahren und habe jährlich mehr als 1000 Mitfahrer gehabt. Davon seien zwei Drittel Stammkunden und ein Drittel Laufkundschaft, sagt Main.

Das Bürgerbus-Projekt hat Vorbildwirkung und das Interesse in nahegelegenen Gemeinden und einer Stadt in der Region geweckt. „Ich habe Einladungen bekommen, um unser kostenfreies Mobilitätsangebot dort vorzustellen“, sagt Wolfgang Main.

Wie Ina John, Regional-Managerin der RAG Saale-Holzland, noch informierte, soll das E-Fahrzeug nicht nur als Bürgerbus zum Einsatz kommen. „Es soll auch als Carsharing-Fahrzeug und von Vereinen genutzt werden können.“