Stadtroda. Betroffene können im Fachklinikum Stadtroda mit ärztlicher Hilfe und einer zugeschnittenen Therapie rechnen.

Wie der Prototyp eines Narzissten mag Donald Trump vielfach erscheinen. Doch auch wenn sich der US-Präsident wie ein unbequemer Sonnenkönig geriert, sollte eine gewisse Vorsicht gelten und der Narzissmus-Begriff nicht inflationär benutzt werden.

„Der Begriff Narzissmus ist gerade in Mode. Frauen bezeichnen Männer als Narzissten, wenn sie beispielsweise modebewusst sind und aus sich etwas machen wollen. So ähnlich, wie früher Frauen von Männern ständig als hysterisch bezeichnet wurden“, erklärt Dr. Udo Polzer, Ärztlicher Direktor des Asklepios Fachklinikums Stadtroda und Chefarzt der Klinik für Allgemeine Psychiatrie/ Psychotherapie, Gerontopsychiatrie und Suchterkrankungen.

Um in Abgrenzung zu stark ausgeprägten narzisstischen Persönlichkeitsmerkmalen eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren, müsse die betreffende Person einen bedeutsamen Leidensdruck beziehungsweise eine Beeinträchtigung in wichtigen Funktionsbereichen erleben. Wegen des fehlenden beziehungsweise nicht erkennbaren Leidensdrucks verbiete es sich bei Persönlichkeiten der Öffentlichkeit, wie Donald Trump, eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren, so stark deren narzisstische Persönlichkeitsmerkmale auch ausgeprägt sein mögen.

Sie versuchen, ihr geringes Selbstwertgefühl aufzupolieren

Im Zentrum der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung steht in erster Linie eine deutliche Störung des Selbstwertgefühls. Betroffene versuchen, ihr im Grunde geringes Selbstwertgefühl aufzupolieren, indem sie andere abwerten, oder aber, umgekehrt, indem sie aus einer Opferrolle heraus anderen die Schuld geben.

Menschen, die unter einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden, sind sich im Grunde immer fremd und wissen nicht, wer sie wirklich sind. Sie kennen nur das Bild von sich, mit dem sie sich identifizieren. Dieses schöne, selbstverliebte Bild, von dem sie gleichzeitig wissen, dass sie diesem niemals entsprechen können, wird zum Inhalt ihres Lebens.

Weil sie in erster Linie mit sich selbst beschäftigt sind, mangelt es ihnen an emotionaler Empathie. Das heißt, Narzissten haben Schwierigkeiten, sich in andere Menschen einzufühlen; sie können sich in andere Menschen oft nur hineindenken. In zwischenmenschlichen Beziehungen und partnerschaftlichen Bindungen bleiben sie kühl und distanziert.

Während ihrer Kindheit waren diese Menschen häufig entweder Vernachlässigungen und Gewalt ausgesetzt oder wurden umgekehrt durch übertriebenes elterliches Lob überhöht. Sie wurden nicht in ihrer Eigenheit gespiegelt und beantwortet, sondern mussten Bilder erfüllen. Ihr wahres Selbst konnten sie deshalb nicht entwickeln. Narzisstischen Patienten ist es zwar gelungen, ein kohärentes Selbst zu entwickeln, aber es ist „falsch“. Sie bauen eine Fassade auf, mit der sie die Erwartungen erfüllen und Liebe und Anerkennung bekommen.

Die drei Arten von Narzissmus

„Die Diagnose ist schwierig zu stellen“, sagt Polzer. Da im Schnitt drei Jahre nach der Diagnosestellung bei der Hälfte der Patienten die Diagnose „Narzisstische Persönlichkeitsstörung“ gar nicht mehr gestellt werden kann, gehen neuere Überlegungen dahin, stattdessen eher Narzisstische Persönlichkeitsmerkmale zu diagnostizieren.

In der aktuellen Literatur werden überwiegend drei Arten von Narzissmus unterschieden. Narzisstische gestörte Personen vom hoch funktionalen Typus sind beruflich erfolgreich und weisen oftmals keinen Leidensdruck auf. Narzissten vom grandiosen Typ fallen durch egoistisches, extrovertiertes, arrogantes und selbstdarstellerisches Verhalten auf. Sie neigen zu Wutausbrüchen und Aggressionen. Von ihnen unterscheiden sich Narzissten vom vulnerablen, das heißt: verwundbaren, Typ. Sie wirken zunächst depressiv, selbstunsicher oder schüchtern. Ihre Sensitivität für Misserfolge und Kränkungen versuchen die Patienten durch zurückhaltendes Verhalten zu regulieren. Bei ihnen steht die Bindungsangst im Vordergrund.

„Ziel der Therapie ist es, dass die Betroffenen in der Lage sind, mit ihrer Selbstunsicherheit umzugehen und im Kontaktverhalten dann in der Lage sind, Beziehungen aufzubauen“, erläutert Polzer.