Stadtroda. Zur Bürgerversammlung fordern über 250 Anwesende Antworten zur geplanten Vollsperrung und signalisieren Zustimmung für eine Klage

„Wenn nur 20 Leute kommen, dann können wir das mit dem Protest gleich bleiben lassen“, sagt ein Mann, der vor dem Schützenhaus in Stadtroda wartet. Es kommt anders. Immer mehr Menschen drängen in den großen Saal, mit geschätzt über 250 Anwesenden ist die Bürgerversammlung, zu der der Gewerbeverein eingeladen hat, platztechnisch an die Kapazitätsgrenze angelangt.

Kernthema des Abends: Die geplante Vollsperrung der Landesstraße zwischen Stadtroda und Quirla ab dem 12. Juni. In einer Gemeinschaftsmaßnahme, dies betonte der ZWA „Thüringer Holzland“ in einer vor der Versammlung herausgegebenen Mitteilung, sollen Kanäle für den Anschluss von Quirla an das Klärwerk Stadtroda verlegt werden, das Landesamt für Bau und Verkehr werde die Straße grundhaft sanieren und auch andere Medien wie Strom sollen verlegt werden.

Auswirkung auf die Region

Patrick Frisch, Vorsitzender des Gewerbevereins Stadtroda, spricht von einem Vorhaben, das nicht nur Stadtroda berühre, sondern Auswirkungen auf eine ganze Region habe. Es gehe um die Sperrung einer Lebensader, nicht nur Bürger, sondern auch das Fachklinikum, das Amtsgericht, Ärzte, Pflegedienste, die Feuerwehr, Gewerbetreibende, Arbeitnehmer sowie Schüler seien davon betroffen.

Dann kommt Frisch auch gleich zum Kern: Gemessen an der Bedeutung des Vorhabens habe man erst nach Abschluss der Planungen wenige Informationen erhalten, die Betroffenen seien nicht eingebunden worden. Dabei habe man im Vorfeld die Stadt gebeten, rechtzeitig die Menschen zu beteiligen, sie mitzunehmen.

Sehr viele Fragezeichen

Dabei gehe es um viele offene Fragen, die einer Antwort bedürfen, sagt Frisch weiter. „Was sind die offiziellen Umleitungen? Wie wird der Brandschutz gewährleistet, wie die Schülerbeförderung?“, wirft er einige Fragestellungen in den Raum.

Man habe gehofft, auf dieser Versammlung Antworten zu erhalten, aber sowohl der Zweckverband als auch die Stadtverwaltung hätten die Einladung, an dem Treffen teilzunehmen, nicht wahrgenommen. Der Feuerwehr sei es sogar untersagt worden, hier teilzunehmen, sagt Frisch und erntet ein Raunen aus dem Saal. „Ich bedaure das. Es wäre ein Forum für mehr Transparenz gewesen.“

In diesem Bereich in Stadtroda sollen die Kanalverlegungsarbeiten in Richtung Quirla im Juni starten.
In diesem Bereich in Stadtroda sollen die Kanalverlegungsarbeiten in Richtung Quirla im Juni starten. © Frank Kalla

Bürgerbeauftragter eingeschaltet

Dann geht Andreas Kraft, Geschäftsführer des Autohauses Dolge ans Mikrofon. Er widerspricht der Darstellung, dass der ZWA mit Hochdruck an einer Lösung für eine Zufahrt zum Autohaus arbeite. „Wir sollen warten bis die Bagger da sind und dann alles mit der Baufirma klären“, erklärt Kraft. So gehe das nicht. Mit Annette Steuber, eine erfahrene Anwältin für Verwaltungsrecht, habe man sich einen Rechtsbeistand an die Seite geholt und man habe auch den CDU-Landtagsabgeordneten Stephan Tiesler mit im Boot. Der wolle nun schauen, ob eine Umleitung über die Autobahnabfahrt Gröben möglich sei und Tiesler habe sich auch an den Thüringer Bürgerbeauftragten gewandt.

Anwältin sieht Fehler

Was ein Rechtsbeistand bedeutet, dies skizziert Anwältin Steuber im Anschluss. Sie habe einige Dinge im Vorfeld recherchiert, sagt sie und zeigt einen dicken Ordner. Steuber, die nach eigenen Angaben 30 Jahre lang Erfahrungen beim Thema Straßenrecht gesammelt hat, vermisst beim Landesstraßen-Projekt die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens. Der Bau einer Landesstraße bedürfe eines solchen Verfahrens, bei dem auch die Bürger und andere Betroffene angehört werden müssten. „Das alles ist nicht passiert.“

Einstweilige Verfügung?

Wenig später ein Satz, der alle im Saal aufhorchen lässt. „“Ich empfehle meiner Mandantschaft vor Gericht einen Eilantrag zu stellen, dass die ganze Baumaßnahme untersagt wird.“ Unternehmer Lutz Lüttich springt der Anwältin zur Seite, er kündigt an, die gerichtliche Auseinandersetzung finanziell unterstützen zu wollen. „Das Geld bekomme ich eh’ wieder.“ Lüttich fragt in die Saalrunde, wer dafür sei, dass man sich wegen der geplanten Vollsperrung um eine einstweilige Verfügung bemühen sollte. Weit über 80 Prozent der Anwesenden heben ihre Hände, später, als die Versammlung beendet wird, tragen sich fast alle in die im Foyer ausgelegten Unterschriftenlisten ein.

Sorge um die Patienten

Bürger, aber auch Vertreter des Fachklinikums melden sich zu Wort. Markus Weber, Pflegedirektor des Asklepios Fachklinikums, sieht immense Belastungen für die Patienten und Beschäftigten, er sorgt sich, ob das Klinikum bei einer Vollsperrung seiner gesetzlichen Verpflichtung als Akutkrankenhaus nachkommen könne. „Wir sind auch für die Region Gera zuständig“, erklärt er auch vor dem Hintergrund, dass eine direkte Fahrt nach Gera über die Landesstraße temporär offenbar dann nicht möglich sei.

Patrick Frisch sammelt Fragen von Bürgern ein, ein Bollberger sieht gar die Zulässigkeit eines Kanalbaus außerhalb einer Ortschaft als unzulässig an.

Annette Steuber richtet einen kurzen Appell an die Anwesenden. Je mehr Menschen Widerspruch gegen die Umleitung einlegen, sagt sie, umso überzeugender sei das vor Gericht.