Greiz. Eigentlich ist ein pralles Kursprogramm, das gut genutzt wird, ein Grund zur Freude für Volkshochschulchef Ulrik Behr. Er zeigt auf, warum man die Situation kritisch sehen muss.

Schaut Ulrik Behr, der Chef der Greizer Kreisvolkshochschule, auf seine Kurstafel, ist diese vor allem eines: Prall gefüllt. Gerade ist der Semesterstart erfolgt und es kristallisiert sich heraus, dass der Bereich Gesundheit – und hier vor allem Yoga – eine überaus hohe Nachfrage in Greiz und Zeulenroda erfahren. „Wir sind da komplett ausgebucht und führen Wartelisten für unsere drei Kurse in Greiz und zwei in Zeulenroda“, sagt Nadine Bula, die den Bereich der Gesundheitskurse verantwortet. Man habe leider eine Lehrkraft, die aus Altersgründen ihr Engagement ein wenig zurückgefahren habe. Deshalb suche man für mannigfaltige Sportkurse in Hohenölsen, Waltersdorf und Greiz einen zertifizierten Physiotherapeuten oder Sportlehrer, der die vakanten Kurse absichern kann.

Viel Bürokratie erschwert in mannigfaltigen Bereichen die Arbeit der Volshachschule Greiz

„Meistens brauchen die Dozenten eine spezielle Zulassung, um den Teilnehmern eine Abrechenbarkeit der Präventionskurse bei den Kassen zu ermöglichen“, erzählt Nadine Bula und spricht dabei über Rücken- und Herz-Kreislauf-Kurse, aber auch über Suchtberatung, wofür man kassenbezuschusste Kurse absolvieren kann. Problem: Die Zulassung der Dozenten erfolge immer nur für zwei Jahre, auch hier sei alles extrem bürokratisch. Dennoch kann man in einzelne Kurse auch noch einsteigen, beispielsweise bei „Rücken fit“ oder „Fit für den Alltag“.

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Integrationskurse sind wichtiges Standbein der VHS Greiz und auf Monate ausgebucht

Im Sprachenbereich setze man vor allem auf die Integrationskurse, die einer speziellen Verordnung unterliegen. Festgelegt sind dabei vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) höhere Anforderungen an Räume und Dozenten, man sei als Integrationskursträger zertifiziert, erklärt Ulrik Behr. Jeder Dozent müsse einzeln eine Zulassung für die Kurse haben und man könne deshalb wegen Mangel an Dozenten, aber auch wegen fehlender Räume den Bedarf bei weitem nicht decken. Dennoch wolle man nicht den vollen Fokus auf diese Thematik lenken. „Wir haben als Volkshochschule eine Gesamtverantwortung für alle Bürger des Kreises und wollen nicht zu Integrationskurslastig werden. Unser breites Kursangebot soll beibehalten werden, von Alphabetisierung über Gesundheit bis Kunst und Kultur. Wir wollen unser Gesicht nach außen behalten“, macht Behr das Grundproblem deutlich.

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Bei den Sprachen gäbe es eine große Nachfrage nach Englischkursen für Einsteiger, viele jung gebliebene Ruheständler, die aus dem Berufsleben ausscheiden, wollten ihr Können auffrischen, berichtet Katharina Liebold, die für Sprachen und den Kulturbereich an der VHS verantwortlich zeichnet. Nach wie vor vor allem bei den Senioren stark gefragt, sind die Kurse zum Smartphone- und Tabletführerschein. Erst jüngst habe man einen solchen Kurs mit zehn Teilnehmern abgeschlossen, die in Einheiten von dreimal drei Stunden in die Geheimnisse von wischen, spreizen und tippen an Handy und Tablet eingeführt wurden. „Die Herausforderung sind hier die verschiedenen Betriebssysteme, für die es natürlich auch unterschiedliche Unterrichtsmaterialien gibt“, berichtet Behr.

Für das Computertechnik-Angebot an der Greizer Bildungsstätte braucht es neue Dozenten

Im IT-Bereich gäbe es ohnehin eine große Nachfrage, weswegen man auch hier nach Dozenten suche, die Erfahrungen in diesem Bereich haben und für die Bedienung von Tablet und Laptop, Bildbearbeitung, Formatierung und ähnlichen Themen die Grundlagen vermitteln könnten. Dies könnten durchaus auch ambitionierte Seiteneinsteiger sein, betont Behr. Man wolle mit diesen neuen Leuten dann eine Art offene Runde gestalten, die in Workshop-Form konkrete Probleme der Teilnehmer lösen hilft.

Erstaunlicherweise sind auch Alphabetisierungskurse für Menschen mit deutschem Sprachhintergrund in Greiz und Zeulenroda gefragt. Man gehöre der Thüringer „Alpha-Initiative“ an, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen des Lesens und Schreibens zu ermächtigen, die damit ihre Probleme hätten. „Hier können Interessierte jederzeit einsteigen – und zwar ohne Stigmatisierung. Es ist nicht so, dass diese Teilnehmer nicht Lesen und Schreiben können, sondern, dass sie eben komplizierte Formulare und Behördenschreiben nicht verstehen oder ausfüllen können“, berichtet Katharina Liebold.

Vielfalt zwischen Nähkurs und neuem Angebot zum Aufwachsen arabischer Kinder in Zweisprachigkeit

In ihrem Verantwortungsbereich seien aber beispielsweise auch Nähkurse besonders gefragt. „Man kann diese Kurse nicht sehr voll machen, weil durch die Nähmaschinen auch ein wenig mehr Platz vonnöten ist“, erzählt die junge Frau und verweist darauf, dass derzeit zwei Kurse in Greiz und einer in Zeulenroda laufe. Aber auch hier fehle es an fachkundigem Lehrpersonal. An der VHS kann man aber auch die Handwerkskunst des Korbflechtens erlernen und im Sprachenbereich exotische Sprachen erlernen. So biete man als einzige Bildungsstätte weit und breit einen Schwedisch-Kurs an, sagt Katharina Liebold stolz.

Zudem habe man seit kurzem eine Kooperation mit dem Verein „Kindersprachbrücke Jena“, um Kindern, deren Muttersprache nicht deutsch ist, deren Heimatsprache in Wort und Schrift zu vermitteln. In Greiz lernen arabische Kinder ihre Schrift, was echte Zweisprachigkeit ermögliche und gleichzeitig ein großer Vorteil für die Kinder sei, wenn diese einmal in ihre Heimat zurückkehren möchten. Eine junge Grundschullehrerin aus Syrien, die einst selbst ihren B2-Kurs in der VHS Greiz absolviert habe, konnte als Dozentin für zwei Kurse je elf Kindern von 7 bis 10 Jahren gewonnen werden.