Jena. Meine Woche: Redakteurin Jördis Bachmann über volle Restaurants, Neueröffnungen, Zivilcourage und Irrwege geschätzter Persönlichkeiten

Der Geschirrspüler ist kaputt. Seit zwei Wochen spüle ich per Hand und das wirkt meditativ – Zwangsentschleunigung. Ich spiele mit dem Gedanken, das Handy ins Spülbecken zu schubsen – versehentlich natürlich, um noch langsamer zu werden. Tue es aber nicht.

Wenn ich keine Lust zu meditieren habe, könnte ich mit der Familie essen gehen, ganz spontan – dachte ich jedenfalls. An einem Mittwochabend gab es nirgends einen Tisch. Da freut man sich über Zuwachs in der Gastrolandschaft: Das griechische Restaurant „Zeus“ hat neu eröffnet – im alten Paradiesbahnhof. Betreiber Dimitri Adamantiadis ist ein Gründer, einer von wenigen Mutigen. Denn das Gründungsinteresse stagniert in Thüringen, wie man hört.

17,3 Prozent Jenaer mit Migrationsgeschichte

Dimitri oder sein gastronomischer Vorgänger im Bahnhof, Nino Pileio, gehören dabei zu den 17,3 Prozent der Jenaer Bevölkerung, die nach Angaben der Stadt eine Migrationsgeschichte haben. Ihr Anteil habe sich seit 2011 verdoppelt. Umso wichtiger sei es, sich für ein vielfältiges Jena einzusetzen. Die Stadt startete deshalb eine Antirassismus-Kampagne unter dem Titel „#JenaSchauHin“. Sehr gut!

Nicht nur hingeschaut, sondern auch Zivilcourage gezeigt hat eine 39-Jährige am Morgen des 7. März: Heidi Andreas half einem Obdachlosen, der von zwei Männern angegriffen worden war. Danke, Heidi!

Zur gleichen Zeit als Heidi beherzt Hilfe leistete, durchsuchten Ermittler, Räume des Gründerzentrums (Tip) in Jena. Später wurde die fristlose Entlassung des Tip-Geschäftsführers bei einer Gesellschafterversammlung beschlossen. Vorwurf: Untreue und Bestechlichkeit. Die mutigen Gründer am Tip, die stets in produktiven Austausch mit Randolf Margull waren, dürften erschüttert sein. Und nicht nur die.

Zivilcourage, Gründergeist und Irrwege geschätzter Persönlichkeiten – zwei Wochen in Jena, nach denen ich mich auf die Spüle freue.