Pößneck. Deutsche werden in Kanada für ihre Genauigkeit geschätzt und gelten als verbissen

Anja Geithner wurde in Pößneck geboren und legte 1994 mit ihren Altersgenossen das erste gesamtdeutsche Abitur ab. Heute hat sie sich ihren ­Lebenstraum erfüllt – ein eigenes Reiseunternehmen, und zwar in Kanada, wo sie inzwischen fest verwurzelt ist.

Hört man Anja Geithner zu, dann zieht sie einen sofort in Bann. Sie beschreibt eindrücklich und mitreißend ihren Weg vom DDR-Kind zur Weltbürgerin und sie vermag es, diese Begeisterung auf ihre Gesprächspartner zu übertragen.

Nach dem Abitur folgten die Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau und anschließend das Berufsleben bei einem Thüringer Reiseveranstalter. Zehn Jahre lang war sie von Januar bis Dezember jeweils 300 Tage unterwegs, 60 Länder hat sie dienstlich bereist – ein Leben, von dem viele, vor allem ehemalige Ostdeutsche nur träumten durften.

Sie konnte in ihrem Beruf den Freiheitsdrang leben. Nie aber vergaß sie ihre Wurzeln, ihre Thüringer Heimat, die kulturellen Unterschiede auf engem Raum, die Dialekte, das Essen.

Sie qualifizierte sich zum Touristikfachwirt mit einem Bachelor-Studium und dann zog es sie nach Kanada – in jenes Land, das sie vorher über 50 Mal bereist hatte. Dort lernte und arbeitete sie in erstklassigen Hotels und Ferienanlagen. So betreute sie beispielsweise während der Winter-Olympiade von 2010 in Vancouver die österreichische Nationalmannschaft. Sie lernte weiter, hielt sich im Gespräch.

Im besten Sinne multikulturell

Dabei waren die Umstände alles andere als leicht. Denn sie musste ständig mit der Ungewissheit leben, ob ihre Aufenthaltsgenehmigung verlängert wird, ob nach diversen Austauschprogrammen und speziellen Visa nicht doch die Ausweisung folgt. 2007 dann die große Erleichterung – sie erhielt das lebenslange Aufenthaltsrecht in Kanada. 2009 entschloss sie sich folgerichtig für die Selbstständigkeit. Sie entwickelte eigene Vorstellungen für Reisen in und nach Kanada, ihrer neuen Heimat.

Kanada ist nach ihrer Einschätzung einfach ein Gefühl – ein unbegrenztes, weites Land, voller Freiheit und unglaub­licher Möglichkeiten. Das Besondere seien die Menschen, ihre herzliche, uneigennützige Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Kanada ist im besten Sinne multikulturell. Die Deutschen werden besonders für ihre Genauigkeit und ihre Arbeitsmoral geschätzt. Sie gelten aber auch als ein bisschen verbissen.

Auch sozial ist sie längst in Übersee angekommen. Mit ihrem Partner Peter Wolf, einem gebürtigen Tschechen aus Karlsbad und ebenfalls Weitgereisten und dem gemeinsamen Sohn Benjamin, fünf Jahre alt, lebt sie im traumhaften Vancouver.

Anja Geithner betreibt das Reiseunternehmen Go Kanada Travel Inc. mit Sitz in Surrey im westkanadischen Bundesstaat British Columbia und sie bietet keinen Urlaub von der Stange, vielmehr sollen die Wünsche der Gäste mit den Erfahrungen der Kanada-Experten verbunden werden, wie es heißt. Denn viele europäische Reisende kommen nur einmal im Leben nach Kanada und dann sollen sie Land und Leute wirklich erleben. Dazu zählt zum Beispiel, dass keine Hotels weitab vom eigentlichen Ziel angeboten werden und dass der Tourist nicht mit langen Anfahrten auf die Folter gespannt wird. Zum Team der Reiseleiter gehört mittlerweile auch die Ex-Pößneckerin Christine Trulsen, die 1990 nach Kanada auswanderte und zum Beispiel 2016 die Kanada-Reise „Klassentreffen des Abi-Jahrgangs 1965-69“ organisiert und geleitet hatte. Die OTZ hatte seinerzeit darüber berichtet.

Anja Geithner hat für ihr Reiseunternehmen als Motto folgenden Satz ausgegeben: „Als Kunden kommen und als Freunde gehen.“ Ihr und ihrem Partner ist es zu glauben, dass sie diesem Anspruch gerecht werden.

Mehr über das kanadische Unternehmen der Pößnecker Weltbürgerin ist unter www.gokanada.ca/de/ zu erfahren.