Wilhelmsdorf/Gössitz. Erholungssuchende fahren quer durch den Wald, um direkt ans Thüringer Meer zu gelangen und das mit weitreichenden Folgen

„Es wäre schön, wenn manche Menschen einfach mal ihr Gehirn benutzen würden“, meint Michael Kessner, Jäger und Feuerwehrmann aus Wilhelmsdorf. Er entdeckt beinahe täglich neue Feuerstellen an den Ufern der Saale, direkt unter den Bäumen. Nicht nur, dass gegrillt wird, nein, es wird auch mit Fahrzeugen direkt über Waldwege ins Naherholungsgebiet gefahren. „Das ist zuerst mal eine Ordnungswidrigkeit und zweitens gefährlich. Es werden Rettungswege versperrt, die Natur zerstört und die Gefahr von Waldbränden unnötig erhöht“, weiß der ­Revierleiter der Gössitzer Flur, Förster Uwe Thrum.

Der Wald an den Hängen des Thüringer Meers ist staubtrocken, auch wenn es dieser Tage immer mal wieder regnete, doch eine neue Hitzewelle zieht heran, die Waldbrandstufe kann schnell wieder ansteigen.

„Der kleinste Funkenschlag kann einen trockenen Baum entzünden“, sagt der stellvertretende Ortsbrandmeister von Wilhelmsdorf, Rocco Czieslik. Man höre nur ein kurzes ­Zischen und mit einem Knall ­explodiere das Nadelgehölz, beschreibt er. „Eine weggeworfene Zigarette oder glühende Grillkohle reicht aus“, weiß er aus Erfahrung. Und dann werde es kritisch. Er fährt fort: „Vor uns ist zwar das Wasser, aber wir kommen mit unseren schweren Geräten nur ganz schwer an die Brandherde heran.“

Für die Waldbesitzer stellt ein Feuer ein hoher finanzieller Schaden dar. Und das trifft nicht wenige, die Parzellen sind an einigen Stellen in der Wilhelmsdorfer Flur nur wenige Meter breit. Bei einer Feuerwalze trifft es sehr viele kleine Waldeigentümer, die dann ihre über Jahrzehnte gewachsenen Gehölze verlieren. Nicht nur wirtschaftlicher Verlust droht, sondern es stellt eine Gefahr für Leib und Leben dar. Touristen und Rettungskräfte sind im Ernstfall mittendrin.

Im vergangenen Jahr habe man an einer Stelle, gegenüber des Schlosses von Neidenberga, einen Junggesellenabschied mit etwa 30 Personen gefeiert. „Es gibt im Internet sogar eine Anfahrtsbeschreibung zu der Stelle, die als ausgesprochen schön dargestellt wird“, sagt Jäger Kessner. „Unverantwortlich“, kommentiert er. Um die Feuerstellen zu vertuschen, würden einige die selbst gebauten Plätze abdecken oder gar ihr Auto mit Ästen tarnen, wie kürzlich geschehen – nicht weit von der damals abgehaltenen Feier entfernt.

Die Feuerwehrleute, Jäger und der Förster dokumentieren ihre Funde. Mit Zeugen und zum Teil mit Hilfe der Polizei. Sie sind angehalten, nie alleine die Besitzer der Fahrzeuge oder diejenigen, die Feuer legen, anzusprechen, weil so mancher aggressiv reagieren würde und uneinsichtig sei. Oder später per Klage gegen Ordnungsstrafen und Bescheide vorgehen. „Deshalb fotografieren wir die Autos und übermitteln die Daten zur Ermittlung der Halter ans Forstamt Neustadt“, erklärt Thrum. Durchschnittlich erwischen die Beamten im Gebiet des Forstamts zehn Unvernünftige pro Monat. „Sie müssen mit em­pfindlichen Verwarngeldern bis 80 Euro oder Bußgeldern bis 5000 Euro rechnen“, so Thrum. Wird gar von Brandstiftung ausgegangen, seien bis zu zehn Jahre Haft möglich, zitiert er aus dem Thüringer Waldgesetz. „Das Befahren des Waldes ist unabhängig von einer Beschilderung generell verboten“, ­appelliert er. In den heißen Monaten sind es locker dreimal so viel und doch klingt das wenig. Die Dunkelziffer liege aber deutlich höher. Jäger Kemmerer beobachtet an manchen Abenden und Nächten, wenn er auf die Pirsch geht, deutlich mehr. Er schätzt zwanzig oder dreißig Fahrzeuge pro Tag.

Manche seien so rücksichtlos, ergänzt Thrum, dass sie schlechte Waldwege meiden und stattdessen mitten über Feldflächen fahren und vor den Wäldern parken, also auf oder an den Feldern. Jene Wiesen und Felder sind nicht minder trocken. Das Forstamt ist nur für den Wald zuständig und kann in solchen Fällen dann keine Ordnungsstrafen aussprechen, nur auf Polizei und Ordnungsämter verweisen. Agrarunternehmen ärgern sich zudem über zerfahrene Ernten und schlimmstenfalls Feldbrände.