Stanau. Im Orlatal werden zum und um den Martinstag am 11. November zahlreiche Bräuche gepflegt. Der Umzug mit Lampions ist weit verbreitet.

Für die einen markiert der 11. November den Beginn der närrischen Jahreszeit, für die anderen ist es der Martinstag. Letzterer Gedenktag ist natürlich viel älter und traditionsreicher. Typischerweise sieht man um jenen Tag Kinder landauf, landab mit Laternen durch die Straßen ziehen und sie singen dabei Martins- und Laternenlieder. Eine ganze Reihe von – im Orlatal weniger bekannten – Bräuchen rankt sich um den kirchlichen Festtag, bei dem an das legendäre Wirken des Bischofs Martin von Tours gedacht wird. Auch ohne den christlichen Hintergrund sind die universellen Botschaften, die vermittelt werden, folgende: Hilfsbereitschaft und Teilen.

In einigen Familien lässt man sich die Martinsgans schmecken, teilt sie mit Familienmitgliedern und Freunden. Die wird üblicherweise mit Rotkohl und Klößen gereicht. Maren Sell, Gemeindepädagogin des Kirchenkreises Schleiz schätzt, dass es nur wenige sind, da der Festtag oft mitten in der Woche ist. „Die Weihnachtsgans ist da üblicher“, sagt sie. Den Eindruck kann Geflügelhofbesitzer Manfred Rabold aus Stanau bestätigen. Am Freitag beginnt das sogenannte Probeschlachten, wie er sagt. Etwa 20 Kunden bestellten bei ihm ein Federvieh anlässlich des Martinstages. „Das ist über die Jahre konstant geblieben.“ Der große Rest der insgesamt 330 Gänse, die auf seinem Hof leben, wird nach und nach bis Weihnachten geschlachtet. „Die Gans ist ein Nischenprodukt, lediglich 20 Prozent der hier gezüchteten Tiere werden überhaupt in Deutschland verspeist“, weiß er.

Im Gänsestall versteckt

Der Brauch der Martinsgans selbst entstammt der Legende um Martin Tours, der am 11. November 397 begraben worden sein soll. Nach wundersamen Taten, die er vollbracht haben soll, wollten „ihn die Menschen zu ihrem Bischof weihen. Er fühlte sich nicht würdig und versteckte sich in einem Gänsestall. Die Tiere schnatterten aber so laut, dass die Leute ihn fanden und ihn schließlich doch zum Bischof weihten“, erzählt Stefanie Schwalbe, Pfarrerin des Kirchengemeindeverbands Gössitz-Wernburg. Den Beginn seines wundersamen Aufstiegs vom römischen Soldaten zum Bischof markiert das Teilen seinen Mantels, als er einem armen, frierenden Bettler begegnet sein soll.

Diese Begebenheit wird durch das Brechen des sogenannten Martinshörnchens, einem süßen Gebäck, Kindern näher gebracht. „In der gelebten Praxis ist das natürlich näher, als einen Mantel zu teilen“, so Gemeindepädagogin Sell. Das Backwerk bringt man als Geschenk mit und teilt es mit einem anderen. Das ist Teil des Martinsumzugs, einem weiteren Brauch rund um das Fest. Die Spaziergänge, die üblicherweise am Abend unternommen werden, werden oftmals von Kindergärten organisiert. Jungs und Mädchen, begleitet von den Erwachsenen, bringen mit ihren Laternen symbolisch Licht in die dunkle Jahreszeit. Das wird, trotz religiösem Hintergrund, recht weltlich und ganz individuell umgesetzt. Manchmal wird der Umzug aber von den jeweiligen Kirchgemeinden unterstützt. Dabei wird die Geschichte um Bischof Martin erzählt. Zum Schluss kann die Umziehenden auch ein großes Lagerfeuer erwarten – das Martinsfeuer.„Der Lampion stimmt auch auf die nicht mehr allzu ferne Adventszeit ein“, spinnt Sell den Faden weiter. Egal wie die Festivitäten aussehen, die Kinder würden es stets gut annehmen, beobachtet Maren Sell. „Die Hauptsache ist, dass alle Spaß dabei haben, egal ob kirchlich oder nicht.“