Pößneck/Erfurt. Es hätte schlimmer kommen können, sagt die Vorsitzende der Jägerschaft Pößneck am Tag nach der Verabschiedung des Gesetzes

Am Donnerstag ist im Thüringer Landtag der Gesetzentwurf zum neuen Thüringer Jagdgesetz mit der Regierungsmehrheit verabschiedet worden. Grund genug, am Folgetag einmal an der Basis bei den Menschen nachzufragen, die das ­Gesetz am meisten betrifft – den Jägern.

Die 1. Vorsitzende der Jägerschaft Pößneck, Ilona Rahmelow, zieht im Gespräch am Freitag mit der OTZ ein geteiltes Fazit: „Es hätte schlimmer kommen können.“ Sie macht aber keinen Hehl daraus, wie unzufrieden sie vor allem mit manchen „jagdfremden“ Argumentationen einzelner Interessenvertreter aus dem Bereich des Umweltschutzes im Verlauf der Beratungen war. Sie hat die Entstehung der Gesetzesnovelle intensiv verfolgt, am 6. Juni persönlich in Erfurt Ausschussberatungen in der Sache verfolgt.

Rahmelow hebt seit Langem die Naturschutzarbeit der Jägerschaft hervor: „Naturschutz, Umweltschutz, Tierschutz sind für uns Jägerinnen und Jäger verpflichtend bei der Jagdausübung und darüber hinaus.“ Dies werde von der Allgemeinheit oft nicht erkannt und in Zusammenhang gebracht. Halbwissen, Unkenntnis oder Pau­scha­li­sie­rungen wie „Jagd gleich Tiere ­töten und Trophäenkult“ hätten ein Stück weit auch die Diskussion um die Änderung des Jagdgesetzes geprägt.

Sie vermutet, die Regierungsparteien wollten hier unbedingt einen offenen Punkt des Koalitionsvertrages von 2014 abhaken.

Die Jäger verschlössen sich keinesfalls den Veränderungen unserer Zeit. „Gerade jetzt, wo uns die Natur zeigt, das Klimawandel und Umwelteinflüsse ihren Tribut zollen. Wir sind ständig in und mit der Natur“, unterstreicht die Vorsitzende. Sie spricht in dieser Hinsicht etwa die Veränderungen bei den Abschussplänen des Rehwildes kritisch an, welche laut Gesetz nur noch anhand von Mindeststückzahlen erstellt werden sollen (weitere inhaltliche Punkte im Kasten). Jäger seien aber keine Wildschädlingsbekämpfer sondern der Hege verpflichtet. „Wir sind es unserem Wild schuldig, es als Teil der Schöpfung zu behandeln und für nachkommende Generationen zu erhalten.“

„Seit dem Vorliegen des ersten Entwurfes zur Änderung des Thüringer Jagdgesetzes hat sich unser Thüringer Landesjagdverband mit all seinen Möglichkeiten stark gemacht, die Position seiner Mitglieder zu vertreten und gegenüber dem Gesetzgeber zu dokumentieren“, erläutert Rahmelow, die lange in der Unteren Jagdbehörde tätig war. Im Bunde sei man hier mit den Verbänden der Landnutzer und Grundstückseigentümer, also den Jagdgenossenschaften, gewesen. „Es war ein hartes Ringen, es wurden seitens des Jagdverbandes Kompromisse gefunden, doch auf Seiten der politischen Ebene war man dazu nur schwer oder gar nicht bereit“, bemängelt sie im Allgemeinen.

Aus Sicht Jäger habe der Freistaat bereits ein funktionierendes, auf wissenschaftlicher, wildbiologischer und praxiserprobter Basis stehendes Jagdgesetz gehabt. Eine Stellungnahme des Landesjagdverbands mit dem Ziel, die Politik von dieser Sichtweise zu überzeugen, sei bei den Regierungsparteien und einigen Verbänden nicht auf allzu offene Ohren gestoßen. Ilona Rahmelow warte nun erst einmal auf die entsprechende Ausführungsverordnung.

Abschließend hält sie fest: „Wir, die Mitglieder der Jägerschaft sind auch zukünftig mit allen im Bunde, die sich für eine vernünftige Jagdpolitik in unserem Land einsetzen.“

Veränderungen durch das Gesetz aus Sicht der Jägerschaft Pößneck

Am Freitag erläuterte Ilona Rahmelow einige Positionen der Jägerschaft Pößneck zu den Veränderungen durch das neue Jagdgesetz.

Abschusspläne beim Rehwild werden nicht mehr anhand von Geschlechts- und Altersklassen erstellt, sondern nur noch Mindestabschusszahlen vorgegeben, womit der Gesetzgeber das Ende der Hege des Reh­wildes einleite.

Die Zulassung von Schalldämpfern lässt Rahmelow kommentarlos. Das hänge von individuellen Vorlieben der Jäger ab.

Kritisch sehe die Jägerschaft das Verbot von tierschutzgerechten und zer­tifizierten Totschlagfallen. In Lebendfallen würde das Tier schlussendlich auch ­erlegt.

Ferner wird die Sinnhaftigkeit der Entscheidung für ein Verbot der Fütterung des Wildes in Notzeiten ­angezweifelt.

Ab 2022 gilt ein Verbot bleihaltiger Munition. Für die Jäger sei das kaum nachvollziehbar, auch angesichts des Waffenrechts auf Bundesebene. Rahmelow ist zudem besorgt, dass sich hieraus Einschränkungen bei der Nutzbarkeit des jägerschaftseigenen Schießstandes ergeben könnten. Der Landesjagdverband habe sich strikt gegen das Munitionsverbot gestellt.

Die Angleichung der Mindestpachtzeiten für Hoch- und Niederwildreviere auf in beiden Fällen neun Jahre blieb kommentarlos.