Saalfeld. Angeregte Debatte mit Medien-Machern und Medienexperten bei der Eröffnung der Saalfelder Dialogtage

Im Jahr 1605 erschien in Straßburg die erste Zeitung und in Leipzig 1650 die erste Tageszeitung, die „Einkommenden Zeitungen“. Auf diese lange Geschichte mit Nachrichten bedruckten Papiers verwies Saalfelds Bürgermeister Steffen Kania (CDU) am Mittwochabend zum Auftakt der von ihm initiierten Saalfelder Dialogtage.

Im Meininger Hof diskutierten hochkarätige Podiumsgäste vor wenigen Gästen über den Wandel der Medienlandschaft. Klar wurde, dass alle eine gute Vorstellung davon haben, wie die Medienlandschaft der Vergangenheit aussah. Auch die Gegenwart wird nicht nur erlitten, sondern in Teilen noch erkannt und gestaltet. Doch über die Zukunft der Medien herrscht Unklarheit, ja auch Uneinigkeit. OTZ-Chefredakteur Jörg Riebartsch schlug einen Nagel ziemlich tief in die Wand, an dem so mancher Tageszeitungsredakteur wohl nur allzugern seine berufliche Zukunft belastbar aufhängen möchte. Riebartsch erklärte: „Es wird auch in zehn Jahren eine gedruckte Zeitung in Thüringen geben.“

Zwar weiß auch der OTZ-Chefredakteur, dass sich die Menschen in zehn Jahren Nachrichten vielleicht auf die Brille oder sogar auf die Kontaktlinse einspielen lassen werden. Doch Riebartsch prognostiziert auch eine Gegenbewegung, etwa wegen der Facebook-Hasskommentare. Er glaubt, es werde einen Markt für etwas geben, „wo ich in Ruhe informiert werde“. Es könne sein, dass nicht mehr jedes Bergdorf mit Zeitungen beliefert werden kann oder die Zeitung dort teurer werde. Doch in den Städten sollte es Zeitungen sicher noch geben.

„Wer weiß, was mal nach Facebook kommt...?“

Der Pressesprecher des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt, Peter Lahann, formuliert seine Vision allgemeiner: „Es wird in zehn Jahren noch einen Markt für glaubwürdige Quellen geben.“ Sich kaum auf Konkretes einlassen will sich indes Matthias Gehler, Chefredakteur des MDR Thüringen: „Das hat eine solche Geschwindigkeit angenommen. Zehn Jahre! Da kann man gar nichts sagen.“ Auch Nicole Weiß von der Seed & Breed Marketing-Crew aus Leipzig legt sich nicht fest: „Wer weiß, was mal nach Facebook kommt...?“ In die Zukunft weist ohne Frage ihre Einlassung zu Fotos: „Bilder sind fast von gestern, der Trend geht zum Bewegtbild“. Wer immer Internetportale betreibt, sollte das wohl beherzigen. Bürgermeister Kania erklärte: „Ich würde mich freuen, in zehn Jahren die OTZ beim Frühstück noch haptisch in der Hand halten zu können.“

Überhaupt die OTZ! Über kein Medium wurde an diesem Abend mehr gesprochen, wenn auch nicht nur Positives. Die ein oder andere Publikumsbemerkung mag Chefredakteur Riebartsch oder den Saalfeld-Rudolstädter Lokalchef Thomas Spanier geschmerzt haben. Etwa der Vorwurf, es sei zu wenig aus Saalfeld im Blatt. Doch immerhin, ein Medium, über das leidenschaftlich gestritten wird, ist nicht irrelevant. Landkreis-Sprecher Lahann, selbst einst ein Zeitungsmann, erklärte: „Die erste kritische Anfrage ans Landratsamt kommt immer erst von der Lokalzeitung OTZ“. Erst dann zögen die größeren und überregionalen Medien nach. Moderator Daniel Baumbach, einst beim MDR, heute Pressesprecher der Stadt Erfurt fragte daraufhin ungläubig: „Das ZDF liest OTZ?“ Lahanns Antwort: „Ganz genau!“