Torgau. In der Fußball-Oberliga sahen die Kicker vom FC Einheit Rudolstadt bei Inter Leipzig zur Halbzeit wie der klare Sieger aus. Doch nach zwei Gegentoren musste man am Ende noch 20 Minuten zittern.

Dass der FC Einheit nach neun Runden in seinem achten Jahr in der Oberliga Süd von Tabellenplatz zwei grüßt, verleitete INTER-Geschäftsführer Andreas Herzberg zur Pressekonferenz bei herrlichem Wetter im Freien zur Frage, wohin es denn mit den Rudolstädter in dieser Saison hingehen soll. Holger Jähnisch, mittlerweile seit neun Spielzeiten Trainer der Grün-Gelben, hat darauf eine klare Antwort: „Wir haben keine überteuerten Ambitionen und Ziele. Wir wollen jeder Spiel gewinnen, uns als Mannschaft weiter entwickeln und so weit wie möglich zu kommen.“

Sven Rupprecht trifft zum ersten Mal in dieser Saison

Im Gegensatz zu vielen Auseinandersetzungen der Vergangenheit, in den INTER zumeist mit extremem Tempofußball begann, ließ es der Gastgeber diesmal etwas ruhiger angehen. Bis auf einen Linkschuss von Arman Melkonyan, einem von elf Akteuren mit ausländischer Nationalität im 16-köpfigem Aufgebot der Leipziger, über das Rudolstädter Gehäuse (11.) und dem nachfolgenden Eckball, passierte nichts Aufregendes vor dem Kasten von Adam Marczuk. Zuvor hatte Robert Bismark versucht, Mvogo Mballa in der Inter-Box per Heber zu überlisten (3.). Schon der erste Angriff brachte die Gästeführung. Ein fantastischer Spielzug, befand Jähnisch, bei dem Tommy Barth nach Zuspiel von Marco Riemer den pfeilschnellen Sven Rupprecht mit einem „Zuckerpass“ in Szene setzte. Der enteilte der Inter-Deckung und platzierte die Kugel überlegt aus acht Metern mit Flachschuss im Eck (14.).

Die Elf von Trainer Zoran Levnaic antwortete mit zwei Freistößen aus dem Halbfeld, bei denen in einem Fall Marczuk das Leder auf der Gefahrenzone boxte (20.). Nachdem erneut ein gelungener Angriffszug mit einem Schuss von Rupprecht über das Tor endete (21.), zeigte der Unparteiische aus Fürstenwalde kurz darauf auf den Elfmeterpunkt. Der nach vorn geeilte Georg Kaiser wurde zuvor nach einem Freistoß im Fünfmeterraum über den Haufen gerannt und Riemer verwandelte sicher (25.). Und es dauerte nicht lange, da stand es 3:0 für die Thüringer. Erneut war es der Einheit-Kapitän, der eine Kopfballvorlage von George Seturidze technisch gekonnt ins lange Eck einnetzte (31.). Danach ließen die Gäste nichts mehr zu, wobei der eingewechselte Luvumbu Oliveira kurz vor dem Pausenpfiff nach einer flachen Eingabe knapp am Ball aus guter Position vorbei rutschte.

Viel Gift und Galle in der zweiten Hälfte

Dass die Messestädter, die für Holger Jähnisch trotz des derzeitigen eher mäßigen Tabellenstandes nach wie vor eine Spitzenmannschaft sind, in der 2. Halbzeit versuchen würden, das Blatt noch zu wenden, impfte der Trainer seinen Schützlingen in der Kabine ein. Und so kam es auch. Schon acht Minuten nach Wiederbeginn hatte Inter sein Teilziel, ein schnelles Tor, erreicht. Während die meisten der rund 30 Rudolstädter Anhänger im Torgauer Hafenstadion über den Elfmeterpiff des Schiedsrichters ungläubig den Kopf schüttelten, war der Strafstoß so wie er erste für den Einheit-Coach völlig berechtigt.

Nun witterte Leipzig Morgenluft und verschärfte die Gangart. Jetzt sei viel Gift und Galle im Spiel gewesen, sagte Jähnisch und er hätte gehofft, das der Mann von der Spree bei einer der vielen Unterbrechungen - es gab sogar drei Mal Rudelbildungen - die Kapitäne der Kontrahenten einmal zur Seite genommen hätte, um die Situation zu entschärfen. Doch das tat er nicht, zeigte insgesamt neun Mal gelb (fünf Mal für Leipzig, vier Mal für Rudolstadt), wobei, wenn man den Schiri-Maßstab zugrunde legt, es locker die eine oder andre Karte hätte mehr geben können, und dazu Til Schwarz die Rote Karte wegen Beleidigung zeigte (62.). So richtig in den Griff sollte er die „emotionale und hektische Partie“ (O-Ton Jähnisch) allerdings nicht mehr bekommen.

Auch mit einem Mann weniger machten die Gastgeber weiter Druck und kamen durch Luvumbu, der nach dem 6. Eckball seinen Körper grenzwertig einsetzte, per Kopf zum Anschluss (71.). „Der Schiedsrichter sieht nicht, dass sich der Schütze frei reißt, aber hier müssen wir uns männlicher verkaufen“, ärgerte sich der Coach der Gäste über die Art und Weise, wie das Tor entstand.

Sieg mit viel Emotionalität und Leidenschaft

Nun schien selbst ein 3:3 möglich, aber Rudolstadt kämpfte weiter mit viel Leidenschaft und verstand es in den letzten 25 Minuten auch immer wieder, den FC Inter vom eigenen Tor fernzuhalten. Bei einigen Aktionen im Vorwärtsgang war die Entscheidung bei sehr guten Chancen möglich, aber weder Riemer mit drei Kopfbällen (65., 71., 75.) und einem Freistoß aus acht Metern nach einem Rückpass der Leipziger auf ihren Torhüter (72.) noch Rupprecht mit zwei Solis allerbester Güte (77., 80.) sowie einem Kopfball in freier Lage (66.) fanden den Weg ins Tor. Auch der eingewechselte Tomasz Serweta hätte treffen können (84., 87.).

In den Schlussminuten und der berechtigten Nachspielzeit versuchten die Sachsen vor allem mit weiten Flanken in den Strafraum der Rudolstädter das dritte Tor zu erzielen. Doch die Gäste verteidigten konsequent und als Patrick Hädrich das Leder neben den Posten setzte (90.+3) war das Schlimmste überstanden.

Er wisse nicht, warum seine Mannschaft die erste Halbzeit verschlafen habe, aber der Sieg der Rudolstädter sei verdient. Doch seine Elf habe im zweiten Abschnitt Charakter gezeigt, resümierte Leipzigs Trainer Zoran Levnaic nach Spielende. Holger Jähnisch freute sich natürlich über den vierten Sieg in fremden Gefilden, den sich seine Mannschaft mit viel Emotionalität und Leidenschaft über die gesamte Spielzeit verdient habe, lautete sein Fazit.