Interview mit Marco Waschkowski: viele Lichtpunkte statt weniger Leuchttürme.

Im Moment ihres Sieges im ersten Wahlgang war die Freude fast unbändig, die Bilder sind noch in Erinnerung. Wie viel von dem Enthusiasmus der ersten Stunden ist nach den berühmten ersten 100 Tagen noch übrig?

Man mag es mir glauben oder nicht: Es fehlt kein bisschen. Ich habe meine Arbeit als Geschäftsführer davor immer sehr gern gemacht, aber mit dem Amt als Bürgermeister fühle ich mich am Bestimmungsort angekommen.

Sie haben vor und auch nach der Wahl keinen Zweifel erklärt, dass Bürgermeister und Stadtrat in Zukunft das Tauziehen unterlassen müssten. Nachdem nun auch die Volksvertretung neu gewählt wurde und ihre Arbeit aufgenommen hat, wie gut sind Sie mit diesem Ziel vorangekommen?

Ich habe seit 1. Mai sowohl mit dem vorherigen wie nach der Kommunalwahl auch mit dem neuen Stadtrat schon gut zusammengearbeitet. Da gab es keine Schwierigkeiten. Man muss aber natürlich auch sagen, dass durch die Urlaubszeit die Findungsphase im Stadtrat, der ja zur Hälfte neue Mitglieder hat, noch im Gange ist.

Ein Rathaus-Chef kann viel vorhaben, doch ist jeder Chef letztlich nur so gut wie sein Team. Plaudern Sie mal aus dem Nähkästchen, wie die städtischen Bediensteten den neuen Besen so willkommen geheißen haben ...

Es wäre blauäugig zu sagen, dass es nicht auch abwartende Haltungen gegeben hat. Das ist natürlich und verständlich. Doch inzwischen habe ich jeden Mitarbeiter persönlich kennengelernt und erläutert, was ich erwarte: dass jeder auf seinem Posten selbstverantwortlich die Dinge erledigt, die ihm obliegen, Probleme nicht anhäuft sondern abbaut und mich im gebotenen Maß in seine Arbeit einbindet. Alle wissen von mir: Ich bin derzeit der einzige „Lehrling“ im Haus und habe doch das Sagen. Wenn jeder von jedem weiß, was erwartet wird, bekommen wir das System schnellstmöglichst und harmonisch in Gang

Unterm Strich aber wird der Fleiß der Honigbiene nicht an den zurückgelegten Kilometern gemessen. Sie hatten sich für den Beginn eine Großinventur aller städtischen Bereiche vorgenommen. Ist die abgeschlossen und wie ist der Stand?

Das war eine Grundvoraussetzung für meine Arbeit. Ich wollte nicht einfach alle Haltegriffe meines Vorgängers unkommentiert übernehmen, obwohl ich Volker Stein jeden Dank und Respekt für seine Amtsführung und die Übergabe an mich schulde. Deswegen habe ich bereits mit sehr vielen Akteuren in der Stadt und ihre Ortsteilen gesprochen und werde dies auch weiterhin tun. Nur so können fundierte Entscheidungen ordentlich vorbereitet werden.

Es war von vornherein klar, dass die Kunst einer städtischen Regierung nicht die Erfüllung jedweder Wünsche ist, sondern die tröstliche Abmachung einer gerechten Mittelverteilung bei einer immer zu kurzen Finanzdecke. Wer hat Ihnen schon alles die Freundschaft gekündigt, weil sein Projekt erst später dran kommt als erhofft?

Noch niemand, denn erst mit der Haushaltsplanung fürs kommende Jahr wird es zu Rang- und Reihenfolgen kommen, die sicher auch Diskussionen hervorrufen können. Es bleibt zu hoffen, dass es zu keinen persönlichen Feindschaften kommt, wenn etwas nicht sofort klappt oder angegangen werden kann. Dafür habe ich den Rat der Ortsbürgermeister ins Leben gerufen und bin der Meinung, dass sein Votum auch in der Gewichtung von Projekten in den Ortsteilen Berücksichtigung findet. Ganz egal, ob es nun eine kommunalrechtliche Verankerung dafür gibt oder nicht. Eine Prioritätenliste gemeinsam zu erarbeiten und zu tragen, ist doch die beste Lösung, die es gibt. Nicht nur, weil diese die Zielrichtung die Unzufriedenheit etwas zerstreut.

Kommen wir vom Allgemeinen zum Konkreten: Die Rottenbacher Bahnhofseinweihung war ja ein geerbter Erfolg. Und die Paulinzellaer Notdurft-Abhilfe noch eine leichte Aufgabe. Welches sind die Löcher in den wirklich dicken Brettern dieses Quartals?

Nach den dicken Brettern wird gern gefragt, doch haben wir in diesem Jahr mit dem Bahnhof unserer Stadt in Rottenbach als neuem Verkehrszentrum einen wichtigen Leuchtturm errichtet. Ansonsten habe ich es nicht so mit Prestige-Objekten, sondern eher mit kleinen aber vielen Leuchtpunkten, die den Menschen dienen und das Leben hier schöner machen. Das neue provisorische Planschbecken im Waldseebad strahlt inzwischen ganz kräftig, und wie es in Zukunft damit weitergeht, das werden wir bald besprechen: Der Haushalt wird im Stadtrat gemacht, das wird auch in Zukunft ernst genommen.

Außer den geerbten Erfolgen gibt es auch geerbte Baustellen: Wie ist die aktuelle Lage am Barigauer Turm?

Auch so ein Beispiel für die Verantwortung, die Königsee mit der Eingemeindung von Oberhain und Dröbischau nebst aller Ortsteile übernommen hat, was allein zum Zuwachs rund zehn kommunaler Objekte führte. Unter ihnen ragt der Turm hervor, das stimmt. Deswegen freue ich mich, dass wir anlässlich des Turmlaufes nicht nur ein Richtfest am Anbau feiern konnten, sondern zugleich mit einem Demonstrationsbetrieb in der Gaststätte den Beweis geführt haben, dass wir auch in der Bauphase, die ja mit dem Rohbau für dieses Jahr bald abgeschlossen sein wird, durchaus einen Gaststättenbetrieb darstellen können. Aktuell gibt es Gespräche mit möglichen Pächtern aus der Gegend, die schon aktuell gastronomische Erfahrung mitbringen. Natürlich soll das Objekt möglichst schnell komplett fertig gestellt werden. Das wird eines der Hauptziele für die Zukunft sein.

Die Stadt hat noch immer keinen Haushalt. Drücken Sie sich ein bisschen um die unangenehme Wahrheit eines Kassensturzes und die Erkenntnis, dass auch Marco Waschkowskis Bäume nicht in den Himmel wachsen?

Nein, es ist wie gesagt der Respekt vor dem neuen Stadtrat, er war auch vor der Wahl im Prinzip fertig. Den Feinschliff wollte der alte Stadtrat dem neuen überlassen, was ich sehr fair finde. Wir wollen am 26. August im Stadtrat final beraten und beschließen.

Jetzt haben wir viel über den natürlichen Abbau der Anfangseuphorie erzählt. Gibt es auch Bereiche, in denen es deutlich besser läuft, als realistisch angenommen?

Nein. Das liegt daran, dass Zweckpessimismus in meinem Charakter keinen Platz hat. Mit meinem Optimismus konnte ich nirgends positiv überrascht werden. Mir fehlt ein solcher Effekt aber natürlich auch nicht.

Wenn eine Fee drei freie Wünsche offerieren würde: Welche – außer vielleicht einem Dukaten-Esel – hätten Sie und überhaupt: Würde ein persönlicher Wunsch vielleicht Vorrang vor einem dienstlichen haben?

Okay, 1000 Jahre alt würde ich gern werden wollen. Und von mir aus und wenn ich es drauf habe und die Bürgerschaft es so will, auch bis dahin als Bürgermeister. Halb privat ist die Hoffnung, dass meine Frau auch weiter Verständnis dafür hat, wenn die Gassi-Gänge mit dem Hund durch den Ort dort entlang führen, wo gerade ein Bürger-Gespräch übern Gartenzaun manch drückenden Schuh beseitigt. Und im Amt vielleicht einen Dienstwagen, der außer seiner tapferen Feuerwehrlackierung auch noch wenigstens ein Navi an Bord hat. Wenn die Fee so freundlich wäre ...