Schleiz/Ückermünde. Serie Lebenshilfe: Ostseepower für Alltag geholt – Offene Ferienreise fand jede Menge Zuspruch

Unbeschwerte Urlaubstage, eigentlich die normalste Sache der Welt, auf die man sich das ganze Jahr über freut. Anders ist das bei psychisch kranken oder seelisch behinderten Menschen. Diese Tatsache war einer der Hauptgründe für ein neues Angebot der Schleizer Tagesstätte der Lebenshilfe, das zwischen dem 9. und 13. September Premiere hatte. Nämlich eine offene Ferienreise nach Ückermünde.

Vorab sei schon mal angemerkt, dass die Fahrt auch nach Aussage von Tagesstättenleiter Heiko Matthes ein voller Erfolg war. Wieder daheim, gehen die Klienten, die mit im Norden waren, nun faktisch mit Ostseepower die Herausforderungen des für sie nicht immer ein­fachen Alltages an.

Insgesamt 13 Besucher der Tagesstätte, ein Familienangehöriger eines Klienten sowie ein Bewohner des Wohnheimes der Lebenshilfe machten sich am 9. September auf den Weg an die Küste. Begleitet wurden sie von vier Betreuern mit Heiko Matthes an der Spitze. Um ans Reiseziel zu kommen, standen drei VW-Busse zur Verfügung. Einen davon stellte das BEK-Autohaus Oettersdorf zur Verfügung.

Was waren nun aber die Gründe für das Team der Tagesstätte, solch ein neues Angebot auf den Weg zu bringen? „Viele unserer Besucher können sich einerseits eine größere Reise nicht leisten und andererseits auch nicht vorstellen, wie sie solch eine Tour organisieren sollen“, erklärte Heiko Matthes. Weiter sprach er von möglicherweise vorhandenen Ängsten, irgendwo in einen fremden Bus oder Zug einzusteigen – von beklemmender Ungewissheit mit Blick auf die in einem Urlaub ja fremde Umgebung.

„Solch eine Reise ins Ungewisse zu organisieren, war zwar schon aufregend auch im Vorfeld. Aber jeder der Teilnehmer wusste, dass es dort in seinem Umfeld Menschen gibt, die er kennt und die auch in einer Krisensituation für ihn da sind. Diese Reise hat Sicherheit vermittelt“, gerade letztere Feststellung des ­Tagesstättenleiters dürfte wohl mit die wichtigste dieses gesamten Beitrages sein.

Und dass man mit diesem neuen Angebot den Nerv der Tagesstättenbesucher getroffen hat, beweist zudem die Tatsache, dass diese sich vorige Woche mit einem Präsent bei ihrem Betreuerteam der Lebenshilfe für die unbeschwerten Tage in Ückermünde bedankt haben. Es kam sogar bereits der Wunsch nach einer Wiederholung im kommenden Jahr. Gemeinsam soll nun langfristig über das Urlaubs-Ziel 2020 entschieden werden.

Finanziert wurde die Zeit an der Küste von jedem Teilnehmer der Ferienreise selbst – dazu gab es eine entsprechende Förderung der „Aktion Mensch“.

Sieben Stunden Fahrt lagen zwischen Schleiz und der Marina-Lagu nenstadt von Ückermünde – wo die Thüringer in insgesamt fünf Ferienwohnungen untergebracht waren. Die Brötchen morgens gab es quasi als Lieferservice und Verwöhnprogramm vom diensthabenden Betreuer. Abends wurde gemeinsam gegessen. Nur ums jeweilige Mittagessen musste sich jeder selbst kümmern.

Drei Angebote konnten pro Tag in Anspruch genommen werden. Zwei davon organisiert und eines individuell. „Es hatte also auch jeder die Chance zu ­sagen: Ich möchte heute etwas alleine machen“, erinnerte sich Heiko Matthes und betonte, dass es schön gewesen sei zu sehen, wie sich tagsüber Zweier- oder Dreiergrüppchen fanden und gemeinsam etwas vor Ort unternahmen. Einer war für den anderen da, man half sich gegenseitig.

Auf dem Programm stand natürlich Strand – „einfach mal einen Tag faul sein“. Im Tierpark schaute die Reisegruppe vorbei, man bummelte durch Ückermünde, besuchte das Freilichtmuseum Ukranenland nahe Torgelow, war gemeinsam auf Haffrundfahrt. „Die war allerdings recht bewegt draußen auf dem Wasser, aber wir haben es mit Humor genommen“, merkte Heiko Matthes dazu an.

Wieder in Schleiz eingetroffen, warten auf den Leiter der Tagesstätte samt Team sowie die Besucher des Hauses schon wieder viele neue Aufgaben. Über allem steht die Mitwirkung bei der Vorbereitung des großen Jubiläums „30 Jahre Lebenshilfe“ im Jahr 2020. Darin eingeschlossen das 20-jährige Bestehen der Schleizer Werkstätten sowie das 20-jährige Bestehen der Tagesstätte. Konkretes Datum dafür ist der 1. Februar nächsten Jahres. Inzwischen klar ist der Termin für ein Festprogramm in der Wisentahalle, das wird nach den Worten von Heiko Matthes am 5. Februar 2020 dort stattfinden.

Zudem soll es in diesem Herbst noch ein Projekt zum Thema „30 Jahre Mauerfall“ geben. „Viel Arbeit, diese wenigen Monate werden sicher schnell vergehen.“

Kontakt: Tagesstätte der Lebenshilfe in Schleiz, Augasse 10, Telefon 03663/42 06 24