Bad Lobenstein. Am Dienstag wird der Bad Lobensteiner Steffen Jauch mit dem ISS-Kommandanten Luca Parmitano reden.

In den verbleibenden Nächten bis zum kommenden Dienstag dürfte der Schlaf für Steffen Jauch immer unruhiger werden. Denn für den totalen Fan der Astronautik steht ein ganz besonderer Höhepunkt bevor. Er wird ein Videotelefonat mit dem derzeitigen Kommandanten der ISS, Luca Parmitano, führen. „Es wird mein erstes Telefonat mit einem Außerirdischen“, lacht der Bad Lobensteiner.

Luca Parmitano ist derzeit Kommandant auf der Internationalen Raumstation ISS.
Luca Parmitano ist derzeit Kommandant auf der Internationalen Raumstation ISS. © Grandsire

Steffen Jauch ist Lehrer an der Realschule in Calberlah in Niedersachsen. Geschichte und Politik hatte er auf Lehramt studiert, nach Abschluss aber in Thüringen keine Anstellung als Lehrer gefunden. So landete der Bad Lobensteiner unweit von Wolfsburg, wo er heute Technik, Informatik und Robotik unterrichtet. Da ist die persönliche Begeisterung für alles, was mit Raumfahrttechnik zu tun hat, zum Beruf geworden. Und diese Begeisterung teilt er mit seinen Schülern auch in einer Arbeitsgemeinschaft. „Die Schulen stehen ja im Wettbewerb und an unserer Einrichtung waren die Schülerzahlen rückläufig gewesen“, berichtet Steffen Jauch, „da kam die Idee zur Arbeits­gemeinschaft ,MissionX – Train like an Astronaut!‘“ Trainieren wie ein Astronaut? Das trifft offenbar genau den Nerv der Schüler. „Es gibt bei uns auch eine Fußball-AG VfL Wolfsburg“, sagt Steffen Jauch, „aber die Raumfahrt-AG ist immer zuerst voll.“

Zur AG-Tätigkeit gehört ­„Astronautensport“ genauso wie Materialkunde und das Ergründen der physikalischen Zusammenhänge, wie zum Beispiel eine Rakete überhaupt funktioniert. „Wir bauen mit den Schülern eigene Raketen-Modelle, die dann vor den Sommerferien beim großen Raketen-Flugtag gestartet werden“, ist dem Lehrer die Begeisterung für sein ­Metier anzumerken, „die fliegen dann tatsächlich bis zu 250 Meter hoch.“

Längst hat der Bad Lobensteiner Kontakte geknüpft zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und zum European Space Education Resource Office (Esero), einem gemeinsamen Projekt von der Europäischen Raumfahrt­agentur und des DLR an der Ruhr-Universität. Über diesen Weg kommt es nun zu dem mit voller Spannung erwarteten Telefonat ins All.

Nicht nur Lehrer aus Deutschland, sondern auch aus Spanien und Italien hatten Fragen vorbereitet, aus denen die interessantesten ausgewählt worden sind, um sie an die Raumfahrtstation weiterzugeben. Wie alles in der Raumfahrt, ist auch dieses Telefonat mit der ISS bis ins Detail vorbereitet. Ein Moderator von der Esa wird am Dienstag um 14.40 Mitteleuropäischer Sommerzeit die Begrüßung vornehmen. Um 15.11 Uhr soll Steffen Jauch dann direkt mit Luca Parmitano sprechen und ihm seine Frage stellen können. Diese wird sich damit beschäftigen, wie Experimente mit Mikroben, die Steine zersetzen können, so in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden können, dass keine Gefahr für die Raumstation und die Besatzung entsteht und ob die Ergebnisse dieser Experimente zur Entwicklung künftiger lebenserhaltender Systeme beitragen können.

„Wenn es Flüge bis zum Mars geben soll, ist die Zersetzung von anorganischem Material interessant für lebenserhaltende Kreislaufsysteme“, erklärt Steffen Jauch sein Interesse an diesem Thema. Übrigens wäre er ­sofort dabei, wenn Elon Musk fragen würde, wer für eine Mars-Mission bereit wäre. Die Begeisterung für die Raumfahrt hatte der Bad Lobensteiner schon als Kind gehabt. „Ich hatte damals die ABC-Fibel, in der es eine ganze Seite über Juri Gagarin gab“, erinnert er sich. Er habe ganz schnell das Lesen lernen wollen, nur um diese Seite förmlich verschlingen zu können. Als sechsjähriger Junge bekam er am 12. April 1990 die Ehrennadel zum Tag der Kosmonauten, mit dem stets an den ersten bemannten Weltraumflug durch Juri Gagarin erinnert worden war. Auch diese Erinnerung teilt der heutige Lehrer mit Begeisterung. So wie er sich über jeden Besuch in seiner Heimatstadt freut, „weil man hier, im Gegensatz zu den Großstädten, abends noch richtig die Sterne sehen kann.“

Das Telefonat am 15. Oktober live im Internet unter www.nasa.gov/multimedia / nasatv/#public

Fakten zur Raumstation

Die ISS ist die derzeit einzige ständig bemannte Raumstation und ein ­gemeinsames Projekt der US-amerikanischen Nasa, der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos, der europäischen Raumfahrtagentur Esa sowie der Raumfahrtagenturen ­Kanadas CSA und Japans Jaxa.

Insgesamt sind 16 Staaten am Betrieb und Ausbau der Raumstation beteiligt.

Das erste Bauteil war am 20. November 1998 in die Umlaufbahn gebracht ­worden.

Heute gilt die ISS als ­größtes außerirdisches Bauwerk der Menschheitsgeschichte.

Sie umkreist die Erde in einer Höhe von 400 Kilometern binnen 92 Minuten einmal.

Beim Telefonat mit Steffen Jauch wird sich die ISS über den USA befinden, von dort wird das Signal über die Esa in Noordwijk (Niederlande) nach ­Bochum in den Hörsaal der Ruhr-Universität ­übertragen.